Wie Material, Form und Stärke eines Plektrums (Picks) den Gitarrensound beeinflussen.
(Nachdem ich selbst angefangen habe, Picks herzustellen, musste ich an einigen Stellen nachbessern und konnte den Artikel mit sehr viel konkreteren Informationen zu Materialien überarbeiten. Ich hoffe es steckt dir jetzt nicht zu viel Fachwissen drin;-)
Früher dachte ich, die Wahl eines Plektrums beschränke sich hauptsächlich auf ästhetische Aspekte. Die richtige Farbe, das perfekte Motiv und schon bin ich perfekt gewappnet. Natürlich trägt das Design auch zu unserer Motivation bei. Schnell wurde mir aber klar, dass besonders die Stärke eines „Picks“ enormen Einfluss auf die Tongestaltung und den Klang hat. Irgendwie missfiel mir dieses „Ritsch-Ratsch“ eines hauchdünnen Plektrums, wie sie hier und da zur Liedbegleitung benutzt wurden. Je mehr ich von Gitarrenlehrern lernte, desto klarer wurde mir, dass die Beweglichkeit aus dem Handgelenk kommen sollte und ich dadurch dickere Plektren für vollere Klänge benutzen kann. Als ich klassische Gitarre studierte, unterrichtete ich parallel als junger Gitarrenlehrer an der Musikschule insbesondere erwachsene Gitarrenschüler. Einer von ihnen war nicht nur doppelt so alt wie ich, er hatte als Ingenieur auch eine große Affinität zur Werkstoffprüfung. Gemeinsam haben wir dann nebenbei natürlich auch die Picks verschiedener Materialien und Stärken ausprobiert. Wir erkannten, dass Nylon sehr warm klingt und äußerst elastisch ist, während uns die Picks aus z.B. Delrin deutlich unflexibler und brillanter vorkamen. Durch die Elastizität (E-Modul) von Nylon konnte man für die gleiche Anschlagsweise dickere Picks benutzen, was in der Summe deutliche klangliche Unterschiede hervorrief. Auf diese Weise kam ein Prozess bei mir in Gang. Heute, Jahrzehnte später, verfüge ich über eine riesige Sammlung an Picks, günstige wie teure, im Alltag habe ich aber häufig die drei gleichen Plektren in der Hosentasche. Welche das sind, wieso sie meine persönlichen Preis/Leistungs-Sieger sind und warum ich auch von bestimmten Edel-Picks überaus begeistert bin, will ich hier erklären. Vielleicht bringt dir das ja auch etwas mehr Klarheit in den Dschungel der unüberschaubaren Angebote.
Solltest du nicht so gerne lesen, geht es hier erst mal zum Video:
Von der Konzertgitarre her kommend schlägt man die Saiten traditionell mit den Fingern der rechten Hand an, was nach wie vor eine meiner bevorzugten Spielweisen ist – sogar auf der E-Gitarre. Dabei kann man feststellen: Streift die Saite nur die Fingerkuppe, klingt es warm oder negativ gesagt „dumpf“. Streift sie stattdessen zudem das in Form gebrachte Ende des Fingernagels, klingt es deutlich brillanter. Auch im Fingerstyle gibt es also diesen Einfluss des Materials auf den Klang. Es stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln man außerdem noch den Klang durch den Anschlag beeinflussen kann? Zunächst einmal sollten wir an dieser Stelle verschiedene mögliche Parameter der Klangformung einer angeschlagenen Gitarrensaite in den Blick nehmen. Schon beim Anschlag mit den Fingern gibt es viele Variationsmöglichkeiten: Mit Nagel oder ohne, senkrecht oder schräg angeschlagen, angelegt (apoyando) oder frei (tirando), am Hals (dolce) oder am Steg (metallico), eine oder mehrere Saiten zugleich (z.B. Arpeggio oder Resgueado), Tap oder Slap, … Die Möglichkeiten scheinen schier unerschöpflich zu sein. Da wir uns hier auf Plektren als Anschlaghilfe oder Anschlagserweiterung beziehen, sollten wir diese Parameter zumindest im Hinterkopf behalten. Hier variieren zunächst einmal: Material, Stärke, Form und Schliff. Auch zur Spieltechnik wäre bei Plektren einiges zu sagen, das ist aber nochmal ein ganz eigenes Thema.
1. Material
Neben exotischeren Materialien wie Holz, Metall, Perlmutt, Leder oder Stein hat sich in der Vergangenheit vor allem Schildblatt (gewonnen aus dem Panzer einer Meeresschildkröte) zum beliebtesten natürlich vorkommenden Material für Picks herauskristallisiert. Es war gut formbar und erzeugte einen warmen Klang ohne viele Nebengeräusche bei der Berührung der Saite zu erzeugen. Schliff man es bis auf 1-2mm herunter, war es noch ein wenig elastisch – die perfekte Kombination für ein Plektrum für Akustikgitarristen. Da Meeresschildkröten viele Jahrzehnte lang leben und ohne ihren Panzer natürlich nicht überleben können, gelten sie zum Glück seit den 70er Jahren als geschützte Art. Die Anfertigung und der Handel mit diesem Material und damit auch echten Schildblatt-Picks wurden seitdem verboten. Infolge dessen versuchten Gitarristen und Hersteller, den mit diesen Plektren erzeugten und allseits beliebten Klang, durch andere Materialien zu imitieren. Die Kombination aus einer gewissen tonalen Fülle und Wärme mit genügend Obertonspektrum, geringen Anschlaggeräuschen und leichter Elastizität stand für volle, offene Töne. Das tut sie immer noch!
Von den natürlichen Materialien kommt Rinderhorn der Zusammensetzung und dem Härtegrad von Schildblatt sehr nahe, wobei Horn jedoch (sofern ich mich noch an den zufälligen, kurzen und einmaligen Test eines Schildblatt-Picks vor sehr vielen Jahren recht erinnere) in meinen Ohren deutlich wärmer und sanfter klingt. Natürlich klingt nicht jedes Stück Horn oder Schildblatt gleich. Ich besitze Horn-Picks der Firma „Thohr“ und „Dugain“. Es gibt außerdem eine Fülle von Möglichkeiten des Einsatzes natürlicher Materialien. Das geht von, in der Regel eher warm klingenden, Holzarten über harten Rinderknochen, Mammut-Elfenbein (gibt es wirklich noch), Bronze, Stahl, Titan und sogar Halbedelstein, woraus so manches Pick bereits geformt wurde. Grundsätzlich neigen dabei glatte und harte Materialien dazu, dieses „Pling“ beim Berühren der Saiten zu erzeugen, sie klingen häufig deutlich brillanter und sind unflexibler, haben aber dafür wesentlich weniger Abrieb. Für die Akustikgitarre, um die es mir hier insbesondere geht, sind meiner Meinung nach all diese Materialien nicht wirklich für die breite Masse der Gitarristen gemacht. Es ist vielmehr eine sehr komplexe Mischung aus geringfügiger Elastizität, genügend Brillanz und möglichst wenig Anschlaggeräuschen vonnöten, um spieltechnische und klangliche Bedürfnisse abzudecken. Natürlich ist das auch Geschmacksache und es kommt auf das verwendete Instrument wie auch die Spielweise an. Meiner Beobachtung zufolge sind natürliche Materialien aber eher hochpreisige Nischenprodukte, die hier und da ein Spezialist für bestimmte Passagen oder seine ganz eigene Spielweise benutzt. Das mag bei E-Gitarristen noch einmal etwas anders aussehen. Manche E-Gitarristen benutzen sogar den „Quarter Dollar“ als Pick, was angeblich sehr kultig sein soll und durchaus bestimmte Effekte erzielt. Ich würde hier sehr gerne etwas rationaler an die Sache herangehen. Wäre es nicht sinnvoll, dass die Wahl des richtigen Plektrums aus der Erkenntnis über Funktion und Klang bestimmter Materialien und Formen kommt? Ich versuche hier sowohl den Mythos vom „einzig wahren Pick“, als auch die Deklassierung bestimmter Plektren argumentativ zu hinterfragen, wobei ich zugeben muss, auch meine Vorlieben zu haben.
Neben den natürlichen Materialien stehen heute viele Kunststoffe zur Verfügung, die eine große Vielfalt mit Auswirkung auf Anschlaggefühl und Klang bieten. Ging es zuerst darum, Schildblatt zu imitieren, konnten im Laufe der Zeit Kunststoffe hergestellt werden, die dem guten alten Schildblatt-Pick, meiner Meinung nach, sogar deutlich überlegen sind. Darauf möchte ich hier meinen Fokus legen. Lass uns gemeinsam ein Blick auf die wichtigsten Kunststoffe werfen:
Grundsätzlich werden Polymere, also Kunststoffe, in drei Kategorien unterschieden: 1. Thermoplaste: Diese Kunststoffe erweichen bei Erwärmung und können durch abkühlen wieder in eine feste Form gebracht werden. Dieser Prozess ist reversibel, weshalb Thermoplaste oft recycelbar sind. 2. Duroplaste: Diese Kunststoffe härten durch chemische Vernetzung irreversibel aus und können nicht mehr durch Wärme umgeformt werden. 3. Elastomere: Diese Kunststoffe sind dauerhaft elastisch und kehren nach einer Verformung in ihre ursprüngliche Form zurück. Sie bestehen aus weitmaschig vernetzten Polymerketten.
Für Gitarrenpicks werden vorwiegend thermoplastische Kunststoffe verwendet. Nylon (Polyamid, PA) ist ein synthetisches Polymer, das zur Gruppe der Polyamide gehört. Es ist reißfest und elastisch, leicht, widerstandsfähig und dabei sehr beständig gegen Abrieb. Für die Gruppe der thermoplastischen Kunststoffe hat Nylon eine sehr hohe Elastizität. Dadurch ist es sehr haltbar und erzeugt beim Anschlag der Gitarrensaite einen warmen Ton. Ein 1mm starkes Pick aus diesem Material biegt sich beim Anschlag der Saite immer noch deutlich durch, ohne dabei viele Nebengeräusche durch den Anschlag zu erzeugen (E-Modul: 1-3 GPa, z.B. Dunlop Nylon). Delrin (Polyoxymethylen, POM) ist ein hochfester technischer Kunststoff der hohe Steifigkeit besitzt. Delrin hat sehr gute Gleit- und Verschleißeigenschaften. Durch eine recht glatte Oberfläche erzeugt es beim Anschlag der Saite geringe Reibung. Klanglich ist Delrin deutlich heller als Nylon. Ein 1mm starkes Pick ist noch biegsam, aber deutlich weniger als Nylon. Auch Tortex-Picks sind aus Delrin gefertigt. Grundsätzlich sind diese Picks von der Oberfläche her etwas schlüpfrig, weshalb auch Serien mit aufgerauter Oberfläche angeboten werden (E-Modul: 2.8-3,6 GPa, z.B. Dunlop Delrin). Ultem (Polyetherimid, PEI) ist ein hochleistungsfähiger technischer Kunststoff. Es hat besonders hohe Temperaturbeständigkeit, besonders hohe mechanischer Festigkeit bzw. Steifigkeit und chemische Widerstandsfähigkeit. Ultem besticht durch seine brillante Klarheit im Klang. Ein 1mm starkes Pick ist nur mit deutlichem Kraftaufwand noch minimal biegsam. Für den großen Härtegrad erzeugt es ein durchaus noch erträgliches Maß an Anschlaggeräuschen (E-Modul: 3-4,5 GPa, z.B. Dunlop Ultex). Polycarbonat (PC) ist ein ebenfalls hochfester Kunststoff, der besonders widerstandsfähig und schlagfest ist. Es ist leicht aber kaum brechbar und klingt etwas wärmer als Ultem, was auch durch die etwas geringere Steifigkeit zu erklären ist (E-Modul: 2-3,5 GPa, z.B. Dunlop Jazztone). Acryl (Polymethylmethacrylat, PMMA) ist Kunststoff auf der Basis von Acrylsäure oder Methacrylsäure. Acryl ist Transparent, leicht, bruchfest und wird oft als stabilere Alternative zu Glas verwendet. Ein 1mm starkes Pick ist ähnlich biegsam wie Delrin. Es erzeugt einen recht lauten Ton, der entgegen mancher Herstellerangaben in meinen Ohren deutlich wärmer als Ultem klingt (E-Modul: 2-3,3 GPa, z.B. V-Picks Phil Keaggy). Torlon (Polyamid-IMID, PAI) ist ein Hochleistungskunststoff und zeichnet sich durch sehr hohe Wärmebeständigkeit und extreme Verschleißfestigkeit, sowie ausgezeichnete mechanische Festigkeit aus. Es ist ein sehr steifes Material, was sich in 1mm Stärke fast gar nicht mehr biegen lässt. Es klingt sehr klar und brillant, ohne zu starke Anschlaggeräusche zu erzeugen (E-Modul: 5-15 GPA- je nach Verstärkung durch Materialzusätze, z.B. Martin Luxe). Polyetheretherketon (PEEK) ist ein hochleistungsthermoplastischer Kunststoff, der für seine hohe mechanische Festigkeit und Temperaturbeständigkeit sowie chemische Resistenz bekannt ist. Es gehört zur Gruppe der Polyaryletherketone (PAEK). Es gibt die Vermutungen, dass die Picks aus der Gravity Gold Serie aus diesem Material gefertigt werden (wird aber nicht offiziell bestätigt – andere Vermutungen bringen PMMA –Verbundwerkstoffe ins Spiel). PEEK GF30 mit einem 30%igen Anteil von Glasfasern ist extrem hart (E-Modul ca 6,5 GPa), während normales PEEK immer noch ziemlich hart etwa zwischen Delrin und Ultem liegt (E-Modul ca. 3,6 GPa). Ein 1mm starkes Pick von Gravity (Gold) ist fast ebenso steif wie das Martin Luxe 1mm aus Torlon, was die Vermutung nahelegt, dass es PEEK GF30 sein könnte. Es erzeugt einen sehr klaren, brillanten Ton (z.B. Gravity Gold). Selbstschmierender Verbundwerkstoff auf Polymerbasis (PA-MoS2), wird aus mehreren Komponenten mit einer Polymermatirx und eingebetteten Festschmierstoffen wie Graphit, Molybdändisulfid oder PTFE hergestellt. Diese Werkstoffe sind extrem leistungsfähig, da kaum ein Abrieb entsteht und eine permanente Schmierung vorhanden ist. Normalerweise werden sie in der Luftfahrt, Medizin oder anderen High-Tech-Bereichen eingesetzt. Für die Herstellung von Gitarrenpicks sind sie deshalb so interessant, da die Selbstschmierung Anschlaggeräusche vermindern und das Gleiten durch die Saiten deutlich verbessern kann. Außerdem entsteht praktisch keine Abnutzung. Im Falle von Blue Chip Picks ist ein 1mm starkes Pick noch ähnlich biegsam wie ein Pick aus Polycarbonat (was für mich die Vermutung der Verwendung von PA-MoS2 nahelegt), klingt aber bei ebenso reichen Obertönen viel voller und runder, wobei wenig Anschlaggeräusche zu hören sind. Während bei anderen Picks für mich immer noch das Kunststoff zu hören ist, verschwindet hierbei der Eindruck des Picks fast völlig und man hört, subjektiv gesagt, einfach nur noch die Gitarre (E-Modul: 2,8-3,6 GPa, z. B. Blue Chip Picks). Hochleistungsfähige Kunststoffe wirken sich natürlich auch auf die Preise aus.
In der Gruppe der Duroplastiken finden wir insbesondere frühe Kunststoffe, die immer noch für die Herstellung von Picks verwendet werden. Galalith (biobasierter Kunststoff aus Casein/Milchstein) ist ein hartes, recht unflexibles, in geringer Stärke aber recht leicht brechbares Material, das einen eher warmen Ton erzeugt. Es wird häufig in Schildblattoptik angeboten, weil es schon früh einen guten Versuch darstellte, dieses Material zu imitieren. Beim Anschlagen erzeugt es ein deutlich hörbares Nebengeräusch. Ein 1mm starkes Pick aus diesem Material ist ähnlich elastisch wie Acryl (E-Modul: 2-3,5 GPa, z.B. John Pearse Fast Turtle). Ebenso traditionell ist Zelluloid, woraus immer noch eine ganze Flut von Picks hergestellt wird. Es ist ein Kunststoff aus Nitrozellulose (Schießbaumwolle) und Kampfer (oder alternativ Buchenholz), das leicht und elastisch ist. Mit der Zeit wird der Werkstoff spröde. Zelluloid, das auch als Viscoloid (Markenname) verkauft wird, klingt etwas heller als Nylon und ist in 1mm Stärke auch geringfügig unelastischer. Manche behaupten, sein Klang gehe in nötiger Stärke ebenfalls in Richtung Schildblatt, andere sprechen von „Vintage-Sound“. Da dieses Material günstig herzustellen ist, gibt es eine Fülle von Billigprodukten mit unsauberen Kanten und Aufdruck. Es werden aber auch hochwertigere Picks aus Zelluloseacetat hergestellt (z.B. Kasho Picks). Auch die Firma Chickenpicks verwendet einen duroplastischen Verbundwerkstoff, der allerdings bisher noch nicht bekannt wurde. Diese Plektren sind die härtesten, die ich je in die Finger bekommen habe und deshalb für die Akustikgitarre nicht wirklich geeignet. Sie klingen sehr brillant, erzeugen aber auch sehr deutliche Anschlaggeräusche und sind erst ab einer Stärke von 2,2mm zu bekommen.
Tatsächlich habe ich nur bei Ibanez Picks aus hartem Elastomer gefunden, die durch ihre Beschaffenheit sehr warm klingen und für mich damit für die Akustikgitarre nicht in Frage kommen. Gerne nehme ich das große Ibanez hard Elastomer Triangel-Pick in 2,2mm wenn ich einmal ein Pick für den E-Bass brauche.
Dies war eine Auswahl der aus meiner Sicht bedeutendsten Materialien. Ich habe sie getestet und persönlich eingeschätzt. Diesen Eindruck habe ich anschließend mit Herstellerangeben und wissenschaftlichen Daten zu Materialien abgeglichen. Bei einigen „Boutique“- Herstellern, wird die Zusammensetzung des Materials nicht bekannt gegeben. Hier habe ich verglichen, in Foren gelesen und Vermutungen mit einbezogen. Die Firma „Hense“ nennt z.B. “Midnight Blue“ oder „Cream“ als Material, was selbstkreierte Markennamen sind. Ein Pick aus „Midnight Blue“ z.B. klingt meiner Meinung nach ähnlich klar aber etwas wärmer als Ultem. Jeder Ton hat dabei eine gute Substanz. Obwohl es ähnlich steif ist wie ein Pick aus Ultem, erzeugt es deutlich weniger Anschlaggeräusche, was aber auch am extrem guten Anschliff liegen kann. Wenn ich keine Materialangaben gefunden habe, wie bei Hense Midnight Blue oder Cream, bin ich nicht näher auf das Material eingegangen.
2. Stärke
Die Kunst bei der Wahl des Gitarrenpicks besteht nun aber darin, die richtige Stärke für ein bestimmtes Material und einen bestimmten Anwendungszweck zu ermitteln. Allgemein kann man sagen, dass es für das Anschlagen von Akkorden recht angenehm ist, wenn sich ein Plektrum noch geringfügig biegen lässt, da man damit leichter durch die Saiten gleiten kann. Zu viel Elastizität hingegen erzeugt für meine Ohren sehr störende Anschlaggeräusche. Für Singlenotes braucht man mehr Kontrolle, was härtere Plektren bieten. An der Akustikgitarre benötigen wir eben häufig eine Mischung aus beidem, was die Wahl des Picks zu einem wichtigen Faktor werden lässt. Ich spiele persönlich sehr gerne mit Nylon-Picks, wenn ich ausschließlich rhythmisch Akkorde anschlage und es einfach rund klingen soll. Dieses Material (z.B. 1mm stark) biegt sich beim Anschlagen immer noch deutlich durch. Bei einem gleich dicken Ultem-Pick geschieht das nur noch in sehr geringem Maße. Das habe ich ja oben bereits erklärt. Während also mein 1mm Nylon-Pick beim Strumming diesen warmen, nebengeräuscharmen und schön von Saite zu Saite überblendenden Ton erzeugt, hätten deutlich steifere Materialien einen klareren und brillanteren Klang, der oftmals aber gepaart mit stärkeren Anschlaggeräuschen (Risch-Ratsch) daherkommt. Hier machen die selbstschmierenden Verbundwerkstoffe sicher nochmal einen großen Unterschied! Für Flatpicking oder das Singlenote-Spiel fehlt mir z.B. bei Nylonpicks durch die vorhandene Elastizität die Kontrolle und damit auch die Substanz und Lautstärke im Ton. Dafür sind z.B. Picks aus Ultem viel besser geeignet. Hier kann ich mit meinem 1mm starken Pick einen klaren, zwar brillanteren aber gut akzentuierten Ton spielen. Ich persönlich wähle dafür normalerweise das 1,14mm starke Dunlop Ultex, das noch ein wenig mehr Substanz, Lautstärke und Wärme im einzelnen Ton erkennen lässt, dafür aber etwas weniger biegsam ist. Du merkst, dass sehr geringfügige Stärkenunterschiede (hier 0,14mm) schon einen deutlichen Unterschied machen können. Auf der Akustikgitarre verwende ich außerdem liebend gerne die Picks von Blue Chip in 0,89mm (Strumming), 1mm (Allround) und 1,25 mm (Flatpicking und Singlenotes) aus selbstschmierendem Verbundwerkstoff, das Hense 1,2mm (Allround) aus „Midnight Blue“, das Gravity Gold 1mm (brillantes Flatpicking) vermutlich aus PEEK, das Martin Luxe 1mm (Flatpicking) aus Torlon, das V-Picks Phil Keaggy 1,5mm (Singlenotes) aus Acryl, das Hense Oliver Waitze 1,6mm (warme Singlenotes) aus Galalith, Dunlop Primetone Picks 1mm (Allround) aus Ultem, das D’Addario Acrylux Reso 1,5mm (Flatpicking) aus Acryl und mein neustes Pick, das Tone Slabs Darth Tone 1,25mm (Flatpicking und Singlenotes) aus einem mir unbekannten High-Tech-Material. Ab einem gewissen Tempo ist ein zu elastisches Pick für Singlenotes nur noch sehr schwer zu handhaben. Deswegen ist also die Kombination aus Material und Stärke für ein Pick so komplex. Nimmt man ein Ultem 0,73mm Pick für Strumming, ist es fast ebenso elastisch wie in 1mm Nylon, erzeugt aber einen deutlich helleren Klang. Je dünner ein Plektrum wird, desto mehr „Ritsch-Ratsch“-Nebengeräusche werden dabei durch das Aufschlagen auf den einzelnen Saiten erzeugt. Bei Ultem (Dunlop nennt diese Picks Ultex – falls dich die Begriffe irritieren) klingt das für mich persönlich z.B. ab 0,6 mm nicht mehr so schön. Je dicker ein Pick ist, desto schwerer gleitet man durch die Saiten. Man kann dann die Saiten nur noch hauchzart berühren (muss also sehr stark aus dem Handgelenk anschlagen), sonst bleibt man wegen der Steifigkeit des Materials hängen und der rhythmische Fluss geht verloren. Lautstärke und Klangfarbe verändern sich dadurch drastisch. Je dicker ein Pick ist, desto voller und lauter klingt der Ton. Gerade im Jazz werden sehr gerne Picks verwendet, die mehrere Millimeter dick sind. Damit kann ein einzelner Ton extrem voll und je nach Schliff auch warm klingen. Mein Dunlop Jazztone 207 Pick ist 2mm dick und aus Polycarbonat. Mit seiner abgeflachten Spitze kann ich die wärmsten und rundesten Melodien erklingen lassen, was ich nicht nur für Jazzmusik anwende. Ich würde grundsätzlich für Strumming Plektren zwischen 0,6 und 1,25mm empfehlen. Für Flatpicking finde ich Plektren zwischen 1,0 und 2,0mm ideal. Hier sind meine Blue Chip TAD 40 (1,0mm) und TAD 1R-50 (1,25mm) sowie mein Tone Slabs Darth Tone (1,25mm) meine absolute Referenz, während ich immer eines der viel günstigeren Dunlop Ultex 1,14 in der Hosentasche habe. E-Gitarristen wählen ebenfalls häufig eine mittlere Stärke (1-2 mm oder dicker), wobei in diesem Fall die Form möglicherweise abweicht, dazu kommen wir gleich noch genauer. Für die Jazzgitarre werden Picks zwischen 1,0 und 4,0mm gewählt. Für mich persönlich ist normalerweise bei 2mm Schluss, weil ich ansonsten die Handhabung schwierig finde. Im Gypsy Jazz werden häufig die 3,5mm starken Picks der Firma Wegen benutzt, die einen sehr speziellen Schliff haben und für die ein nicht bekanntes Material verwendet wird.
3. Form
Als weiteren Aspekt muss man bei der Wahl eines Picks über die Form nachdenken. Besonders die Spitze des Picks hat enormen Einfluss auf den Anschlag. Ist ein Pick, wie z.B. mein Dunlop Jazztone 207, mit einer sehr abgeflachten und runden Spitze ausgestattet, gleitet man bei Singlenotes sanft in die Saite hinein und erzeugt damit einen warmen, runden Ton. Das kann man mit dem schräg angesetzten Fingeranschlag vergleichen. Mit einem sehr zugespitzten Pick klingt das sehr viel dünner und härter, man hat dadurch aber mehr Kontrolle über den einzelnen Anschlag, was besonders das schnelle Melodiespiel erleichtert. Spitze Picks, wie z.B. die Jazz III Picks von Dunlop sind daher sehr beliebt bei E-Gitarristen. Ich persönlich wähle für die Akustikgitarre oftmals am liebsten die als „Standard“ bezeichnete Tropfenform, da sie für mich das Beste beider Welten darstellt. „Triangle“ Picks haben zudem bei ähnlicher Zuspitzung noch den Vorteil, dass man mit allen 3 Ecken anschlagen kann, die entweder identisch oder sogar wie bei meinem Blue Chip TAD 1R-50 unterschiedlich geschliffen werden können. Auch in der Gruppe der Triangle- oder Tropfen-Form-Picks laufen die Spitzen unterschiedlich steil zu. Ich mag allgemein gerne etwas rundere Spitzen, benutze aber auch gerne etwas spitzer zulaufende Picks wie das V-Picks Phil Keaggy oder das Tone Slabs Darth Tone für komplexere und schnellere Pickings. Die Größe eines Picks ist wahrscheinlich vor allem eine Sache der Gewohnheit.
4. Schliff
Wenn du vermutest, dass ich jetzt den Absatz über die Form wiederhole, kann ich dich beruhigen. Mit Schliff meine ich die Möglichkeit ein Pick durch (im Idealfall) einen Handschliff zu perfektionieren. Der Hersteller „Jean Luc Dugain“ war wohl der Erfinder von Picks mit Griffmulden für Daumen und Zeigefinger. Dazu benutzt er sehr dickes Material, in das er Mulden schleift und das er zur Spitze hin abflacht. Dies erleichtert das ideale Halten eines Plektrums. Da für diese Griffmulden aber sehr dickes Material benutzt werden muss sind sie für den typischen Akustik-Gitarristen eher nicht in der engeren Wahl. Was viel entscheidender ist, man kann Picks für Rechts- bzw. Linkshänder anschleifen, was bewirkt, dass ein neues Pick sich spielt wie ein lange eingespieltes. Für Rechtshänder wäre das auf Daumenseite links abgeflacht und umgekehrt auf der Gegenseite. Das bewirkt ab einer Stärke von ca. 1mm regelrechte Wunder für das Gleiten durch die Saiten. So etwas gibt es in besonders ausgeprägter Form z.B. bei Hense (hier kann man Pick mit Links-, Rechts- oder ohne –Schliff bekommen), sehr gut gefällt mir der Anschliff auch bei Blue Chip, da er dort weniger stark ausgeprägt ist und das für mich etwas mehr Flexibilität bietet oder bei Tone Slabs. Auch die Primetone Picks von Dunlop oder das Martin Luxe haben einen schönen Anschliff. Ich habe mein „V-Pick Phil Keaggy“ auf diese Art nachgeschliffen, weil dieses gute Plektrum mit unsauberen Kanten geliefert wurde. Der Effekt war enorm! Sowohl Spielgefühl als auch Anschlaggeräusche wurden deutlich verbessert. Gerade bei größeren Stärken, ist es schon erheblich, wie ein Pick zur Spitze hin zuläuft. Mit etwas Schleifpapier kann man da aber auch deutlich nachhelfen. Achtung – immer schön auspolieren!
Um nochmals auf die drei Picks in meiner Hosentasche einzugehen: Für den Alltag habe ich normalerweise ein Dunlop Nylon 1mm (die schwarzen), ein Dunlop Ultex 1,14 mm und ein Dunlop Jazztone 207 in der Hosentasche. Mit dem Nylon spiele ich Strumming, mit dem Ultex Flatpicking oder E-Gitarre, mit dem Jazztone die runden Singlenotes. Alle Picks sind sehr preiswert, wenn ich mal eins aus der Hosentasche verliere, habe ich noch ein Set im Portemonnaie. Zuerst war diese Wahl einfach nur zufällig, irgenwann ist es dann eine Wahl der Erfahrung geworden. Du greifst immer wieder dieselben Picks. Je mehr ich über Materialien herausfand, desto bewusster wählte ich allerdings meine Picks aus.
Als WorshipNetzwerk geht es bei uns natürlich nicht in erster Linie um Spieltechnik und Equipment! Es hilft uns einfach nur dabei, in unsere Salbung hinein zu finden. Vielmehr drängt sich mir in diesem Zusammenhang noch eine Analogie auf: Das ideale Pick wäre so hart, dass es eine kontrollierte Berührung der Saite mit optimaler klanglichen Auswirkung erzielen würde. Es wäre so, dass man keine Anschlaggeräusche hören kann, weil es „Eins“ mit der Saite würde. Das ideale Pick wäre zudem „Eins“ mit der Hand und würde insgesamt das gesamte Potential dieses Spielers und eines Instrumentes zum Vorschein bringen. Genau auf diese Weise ist es, wenn wir von Gott berührt werden. Er will uns dahin bringen, dass wir im Flow sind! Was wir in seinem Segen tun, ist leicht und dennoch erfolgreich. Alles fühlt sich warm und gut an, obwohl wir zu Höchstleistungen befähigt werden. Wenn es klappert und schrillt, wenn wir keinen Frieden haben, sollten wir nachfragen, ob das wirklich von Gott ist! „Das Gute behaltet“, bedeutet für mich: Wenn es von Gott kommt, kann ich seinen Frieden selbst in Herausforderungen spüren, gerade weil seine Wahrheit große Autorität hat. Vielleicht ist es so, als würde der Ton, der dir in den Sinn kommt, genauso durch dein Plektrum aus deinem Instrument gelockt.
Hier noch ein kleiner Überblick über ein Paar besondere Picks:
Dunlop Primetone Std 100 oder 200 (Ultem) – heller ausgewogener Ton, als etwas brillantere Alternative für die Ultex, zudem mit Schliffkante, was bei 2mm schon wichtig ist – für Flatpicking oder Melodie auf der Akustikgitarre.
Hawk Tonebird 1 – 1,4mm (Casein) – runder Ton. Spitze ist toll für E-Gitarre.
Blue Chips TD 35 0,89mm, TAD 40 1,0mm, TAD 1R-50 1,25mm (Blue Chips Kunststoff) – sehr voll und trotzdem hell und klar im Ton, nur minimale Anschlaggeräusche, hart, fast unzerstörbar, gleitet wunderbar durch die Saiten – für Flatpicking (TAD40 und TAD 1R-50) und Strumming (TD35).
Hense Midnight Blue 1,2mm (Midnight Blue Kunststoff) – sehr klar, wunderbarer Anschliff und kaum Anschlaggeräusche – Upgrade zu den Ultem Picks – spiele ich gerne für alles außer Strumming.
Hense Cream Speedy 1,2mm (Cream Speedy Kunststoff) – klar aber wärmer als die blauen, wunderbarer Anschliff und wenig Anschlaggeräusche – ich ziehe trotzdem die Midnight Blue vor.
Thohr Classic 1mm (Rinderhorn) – sehr warmer Ton, jazzige Melodien auf Akustik oder Konzertgitarre.
John Pearse Fast Turtle Thin 1,25mm (Casein) – warmer Ton, klarer als Horn, tolle Konsistenz, gutes Material für Flatpicking und alles außer Strumming.
Dugain Ivoir Mammuth (Mammut Elfenbein) – hartes und glattes Material, dafür recht runder Ton – benutze ich fast nie, fühlt sich aber toll in der Hand an.
Hense Happy Turtle Oliver Waitze 1,6mm (Casein) – sehr angenehme Form, warmer, kräftiger und runder Ton, gute Kontrolle.
Dunlop Nylon 1,25 – sehr warm – für kräftig warmes Strumming.
Dunlop Ultex 0,73mm (Ultem) – heller Ton mit hörbarem Anschlaggeräusch – gut für brillantes Strumming mit rhythmischen Akzenten.
Clayton Spectra 1,10mm (Polycarbonat) – hartes Pick mit brillantem Ton – biegsamer als Ultem, toll bei Akkordzerlegungen.
Kasho – No.55 diverse Stärken (Zelluloid) – warmer und runder Ton, lustiger Verlängerungsstreifen für den Daumen.
Chicken Pick Std 2,2 und 2,6 (Duroplast) – sehr hartes Material und harter Ton, scheinbar ewig haltbar, hohe Anschlaggeräusche – gute Kontrolle für E-Gitarre.
D’Addario Acrylux Reso 1,5 (Acryl) – hartes Material aber dafür relativ warmer Ton – gut für Singlenotes und Flatpicking.
Gravity Gold 1,0mm (Duroplast) – sehr hartes Material, sehr brillanter Ton, Anschlaggeräusche – gut für sehr brillantes Flatpicking.
V-Pick Phil Keaggy (Acryl) – hartes Material, warmer Ton, tolle Form für viel Kontrolle. Nach meinem Handschliff sehr gut für Singlenotes und Flatpicking geeignet.
V-Pick Tradition UL 0,8mm (Acryl) – hartes Material aber in dieser Stärke biegsam, brillanter Ton mit Anschlaggeräuschen, recht spitz für gute Kontrolle – geeignet für Strumming mit perkussiven Nabengeräuschen.
Martin Luxe 1,4mm – (Polymer) – sehr hartes Material, liegt super in der Hand, mit Rechtsschliff gleitet es gut durch die Saiten. Klarer, heller Ton mit viel Substanz – toll für Flatpicking und Singlenotes.
Tone Slabs 1,25mm – hartes Material – auf Augenhöhe mit Blue Chip, aber etwas klarer im Ton, sensationell verarbeitet.
Nie hätte ich gedacht, dass ein Plektrum derart unterschiedlich klingen kann. Das richtige Pick trägt klanglich und vom Spielgefühl sehr stark zum Glücksgefühl beim Spielen bei. Probiere ruhig mal aus! Ich berichte sicher bald noch einmal von meinen ersten eigenen Kreationen.
Christian Weiß