Lichtbringer sein

Lichtbringer sein

Was der „Herrn der Ringe“ und die Regenbogenfarben mit unserem Auftrag zu tun haben

„Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Ich rieche es in der Luft. Vieles, was einst war, ist verloren, weil niemand mehr lebt, der sich erinnert.“, mit diesen Worten der Elbenkönigin Galadriel beginnt die Verfilmung eines meiner Lieblingsromane „Der Herr der Ringe“. Mit der deutlichen Zunahme an Finsternis, Zerstörung und Hoffnungslosigkeit wird bei den Bewohnern Mittelerdes der Ruf nach Errettung lauter. In weit über 1000 Seiten wird nun die Geschichte einer ungewöhnlichen Gemeinschaft von 9 Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und zur Befreiung der Welt ausgesandt werden, erzählt. Angeleitet werden sie von dem guten Zauberer Gandalf, einem engelhaften Wesen, der sein Leben für die Gemeinschaft opfert, diese dadurch rettet und später als der auferstandene Gandalf der Weiße wieder erscheint und eingreift. Die besondere Herausforderung für die sogenannte „Gemeinschaft des Rings“ ist ihre extreme Heterogenität. Dabei fehlt den einzelnen Mitgliedern häufig das Verständnis für die Mitstreiter, deren Stärken so verschieden und Kultur so andersartig erscheint. Am Ende können nur noch diejenigen mit der richtigen Herzenshaltung und Leidenschaft weitergehen und völlig ohne egoistische Motive die Mission zum Wohl aller zu einem guten Ende bringen.

Wieso beschreibe ich jetzt also diese alte Geschichte, deren Autor, John Ronald R. Tolkien, bereits in meinem Geburtsjahr verstorben ist und damit nicht gerade unserer Lebenswelt entspringt? Auch in diesen Tagen werden wir von den Medien mit echten Problemen, Sorgen, Katastrophen voller Hoffnungslosigkeit und Finsternis bombardiert. Manchmal möchte man die Nachrichten einfach nur noch ausschalten. Die Sehnsucht nach Licht und Hoffnung schlummert heute doch in uns allen, oder? Gerade jetzt sollten wir Christen eigentlich einen Unterschied für diese Welt machen können. Für Tolkien als überzeugtem Christ war sein literarisches Werk zwar keine Analogie zur Bibel, die Leser sollten aber doch die gute Botschaft herauslesen können, wie er in einigen überlieferten Briefen betont. Am Modell dieser meisterhaft erfundenen Völker und Persönlichkeiten, sollten wir lernen können, was Menschen zusammenführt, wie sie gemeinsam große Probleme meistern und Licht bringen können. Niemals lässt im „Herrn der Ringe“ Gott, dessen Name dort Illuvatar ist, die Gemeinschaft im Stich.

Licht ist unglaublich intensiv erforscht und doch in gewisser Weise ein Mysterium. Ohne Licht gibt es kein Leben, keine Farben und keine Orientierung. Finsternis ist nichts anderes als die Abwesenheit von Licht. Im Regenbogen sehen wir 7 Farben. 7 steht in der Bibel für Vollständigkeit und doch wissen wir heute, dass es da auch noch Ultraviolett und Infrarot im nicht sichtbaren Bereich gibt (ganz abgesehen von Strahlungen, die nicht mit Farben in Verbindung gebracht werden). Ich möchte mich hier der eigenmächtigen Konstruktion bedienen, die den Regenbogen somit in 9 Farben erscheinen lässt, um einerseits die Brücke zum Roman zu schlagen und andererseits die Möglichkeiten geistlichen Lichts für heute genauer unter die Lupe zu nehmen.

Da stehen wir also mitten in der Finsternis dieser „Welt im Wandel“ und folgen einer Person nach, die in Johannes 1 das „Licht der Welt“ genannt wird und gleichzeitig diese göttliche Eigenschaft mit dem „ihr seid das Licht der Welt“ auch uns zuschreibt. Christ zu sein bedeutet ja nicht nur, dass wir einmal eine Entscheidung für Jesus getroffen und bestimmte Erkenntnisse gewonnen haben, um uns jetzt zurücklehnen zu können. Im Gegenteil, sollen wir unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Eine Stadt, die auf dem Berg liegt, wird von allen Seiten gesehen werden, wenn ihre Lichter leuchten. In der Stiftshütte des Mose, die ja ein Abbild der himmlischen Stiftshütte war, können wir ein Modell für die Begegnung von uns Menschen mit Gott, für wahrhaftige Anbetung und echtes Leben sehen (Wenn dich dieses Thema interessiert, kannst du in meinem Buch „Ich worshippe jetzt!“ noch einige weitere Infos zur Bedeutung der Stiftshütte und deren Bestandteile nachlesen). Dort leuchtet die 1,5m hohe, aus massivem Gold gefertigte Menora, der 7-armige Leuchter Tag und Nacht und erhellt das ganze Heiligtum, weil das Öl immer wieder nachgefüllt wird. Der Prophet Sacharia beschreibt gar einen Leuchter mit 9 Armen, während in die beiden äußeren Arme die Zweige eines Oliven-(Öl)-Baumes hineinragen. Im Buch der Offenbarung des Johannes werden dann die 7 Arme der Menora als die 7 Gemeinden beschrieben, in deren Mitte sich Jesus befindet. Deshalb fand ich den Gedanken sehr charmant, dass Jesus quasi der Schaft dieses Leuchters ist. Er hält uns Christen zusammen, durch ihn bekommen wir unseren Brennstoff Öl. Das Öl der Salbung steht ja schon immer für den Heiligen Geist, der in uns ist, über uns kommen will und uns brennen lässt.

Alle in der Offenbarung beschriebenen Gemeinden (7 steht, wie gesagt, in der Bibel oft für eine Vielzahl oder Vollständigkeit), die sich ja gefühlt auch in unseren Tagen befinden könnten, durchleben individuelle Situationen, haben je eigene Stärken und Probleme. Es scheint zunächst entscheidend zu sein, dass wir, als Teil dieser Gemeinden, nicht lau sind, sondern brennen, weil wir sonst kein Licht in der Welt sein können. Diese Flamme wird in unserem Herzen gezündet. Liebe wird damit zum Dreh- und Angelpunkt für jegliches Handeln. Als hätten alle Aktionen und Handlungen ohne sie keine Wirkungskraft. Sie ist wie die Zündkerze oder das Streichholz, das unser Licht entfacht.

Bringen wir jetzt also diese Leuchter-Arme der Christenheit mit dem Modell der Ringgemeinschaft und unseren 9 Farben des Regenbogens zusammen. Es kommt mir vor, als hätten unsere geistlichen Flammen bei genauerem Hinschauen kein weißes Licht. Vielmehr scheinen sie in farbigen Schattierungen zu leuchten. Wie bei den Farben des Regenbogens könnten auch unsere geistlichen Farben im Zusammenschein durchaus weißes Licht erzeugen, das Licht Jesu, der die Vollkommenheit und Herrlichkeit Gottes ausstrahlt. Aber vielleicht kennst du das, wenn man eine farbig getönte Sonnenbrille trägt, erscheint alles, was man sieht, andersartig eingefärbt. Stell dir also vor, eine Person mit einer blauen Brille steht neben einer Person mit einer roten Brille und beide diskutieren über die Farben der Blumen einer Blumenwiese. Ohne sich der Situation des Gegenübers bewusst zu werden und sich in die andere Person hineinzuversetzen, könnte es eine wirklich komplizierte Diskussion werden. Das ist der Grund, wieso eine Gruppe von Christen, eine Gemeinde, sowie die gesamte Christenheit auch alle 9 Gaben des Heiligen Geistes abbilden können sollte, um die Früchte des Geistes hervorzubringen. Auf diese Weise entsteht weißes Licht. Dabei ist nicht etwa eine Farbe besonders hervorzuheben, auch wenn jedem von uns die je eigene am bedeutendsten erscheint. Es geht um den Zusammenschein der Farben, wenn wir weißes Licht erzeugen wollen und der Welt die frohe Botschaft von der Gnade durch Jesus bringen wollen.

Werden wir also noch etwas praktischer und konkreter. Innerhalb z.B. einer funktionierenden Gemeinde sollten Evangelisten neben Lehrern, Propheten neben Seelsorgern, Mitarbeiter der Kinderarbeit neben den Mitarbeitern der Finanzverwaltung, usw. glücklich arbeiten können. Es gibt nun einmal Personen, die Visionen entwickeln und Praktiker, die Arbeiten einfach anpacken. Manche tragen Gemeinden durch ihr Gebet im stillen Kämmerlein, andere brauchen immer eine große Bühne. Während es den einen sehr leicht fällt, auf Personen zuzugehen und sie freundlich zu begrüßen, haben andere vielleicht ihre Stärke viel mehr im Bereich der Logik und Organisation. Wie oft treffen doch Mitarbeiter, deren Stärke es ist, kreativ die Freiheit auszuschöpfen, auf andere, die einen gesegneten Blick darauf haben, gute Gewohnheiten zu bewahren. Da jede Stärke unseres farbigen Lichtes auch eine Schattenseite besitzt, fällt uns diese leider so oft als erstes auf. Es fängt dabei häufig schon mit der Sprache an, dass wir einander nicht gut verstehen oder uns zu schnell abschrecken lassen. Gerade wir Worshipmusiker sind doch ein sehr empfindsames Völkchen, das sich nur zu leicht die gute Laune rauben lässt und dann nicht mehr aus tiefstem Herzen anbeten kann. Und genau da kann man die Strategie des Feindes erkennen. Es ist die älteste Methode der Welt, Personen gegeneinander auszuspielen, indem man ein Missverständnis benutzt, eine kleine Unwahrheit einstreut, die beide Seiten immer weiter auf Distanz bringen, bis sie nicht mehr fruchtbar zusammenarbeiten können. Aber eigentlich sollte man uns Christen doch an der Liebe untereinander erkennen.

Die Künstler wissen, dass sich Farben, die sich im Farbkreis genau gegenüberliegen, also auf gegensätzlichen Seiten zu finden sind, sehr gut ergänzen. Grün und Rot passen einfach perfekt zusammen, genau wie Orange und Blau oder Violett und Gelb. So haben sich in der „Gemeinschaft des Rings“ zum Beispiel der Elb Legolas und der Zwerg Gimli angefreundet, obwohl sie zuerst eine große Abneigung voneinander hegten. Zu tief lagen die Wunden der Streitereien ihrer Vorfahren. Erst als sie erkannten, dass sie nur gemeinsam erfolgreich sein werden und die Entscheidung trafen, sich gegenseitig zu schützen, als sie sich Zeit nahmen, ihr Gegenüber wahrzunehmen, freundeten sie sich an. Letztendlich wurden sie beste Freunde fürs Leben und ein geniales Team. Zuweilen ruft Gott auch uns in sehr besondere heterogene Teams, um genau dieses weiße Licht seiner Gegenwart zu verkörpern. Stell dir vor, innerhalb einer Gemeinde gäbe es Gruppen, die nur aus roten Personen, und welche, die nur aus grünen usw. beständen. Sie hätten wahrscheinlich einige Gemeinsamkeiten, würden aber niemals einen klaren Blick auf die Umstände und Möglichkeiten erhalten. Wenn wir die Gnade Gottes für unser Leben entgegengenommen haben, beschenkt er uns mit dem Maß Christi seiner Gnade. Wir sprechen hier von der Fülle seiner Segnungen! Wir werden befähigt, gnädig zu sein. Wir haben die Gnade, großartiges im Namen Jesu zu erleben.

Mein persönlicher Maßstab für solche Fälle ist das Wort Gottes. Ich lese jeden Morgen meine Bibel und höre dabei auf den Heiligen Geist (das versuche ich so unverkrampft wie möglich, ohne Druck und voller Leidenschaft zu machen). Das, was er mir für diesen Tag zeigt, schreibe ich als Gebet in mein „365“ Buch mit dem Bibelleseplan (von der Bibelliga). Ich höre den Heiligen Geist auch häufig in Gebetszeiten direkt zu mir sprechen (hierzu gibt es einen anderen Artikel „Mit Gott reden“ auf unserer Seite). Oftmals bestätigt Gott das durch die Aussagen von anderen Personen, mit denen ich im Dialog bin. Besonders meine Frau Tine ist mir dabei das perfekte Gegenüber. Man bekommt ein Gespür dafür, wie Gott spricht und lernt, dass er unterschiedlich zu verschiedenen Menschen redet, damit wir ihn verstehen können. Manchmal sind es aber auch einfach Liedtexte, Predigten oder sonst etwas, aus denen wir seine Stimme plötzlich flüstern hören. Ich versuche die über mir eingesetzte Leiterschaft in Gemeinde und anderen Ministries zu respektieren, zu segnen und ihre Aussagen ernst zu nehmen. Wenn meine Erfahrung einmal damit nicht zusammenpasst, ringe ich mit Gott und Menschen um Klarheit im betreffenden Themenbereich. Ich weiß ja genau, dass mein Blick nicht immer von weißem Licht umgeben ist. Je mehr ich aber einfach im Vertrauen auf unseren Herrn Jesus loslaufe, desto klarer wird oft mein Sichtfeld. Er schickt seine Helden los, um mir zur Seite zu stehen, wie er es auch bei David gemacht hat.

Im Worshipnetzwerk treffen ja etliche Musiker aus verschiedenen Gemeinden und Denominationen aufeinander. Allein aufgrund unserer Prägungen und Erfahrungen müssten wir eigentlich hier und dort voreinander fliehen. Und doch hat es sich als besonders segensreich erwiesen, wenn wir zusammen kommen und Gott in Einheit anbeten. Deshalb finde ich es auch äußerst inspirierend, wenn wir gerade mit den verschiedenen Gemeinden vor Ort an einem Strang ziehen. Sicher, es gibt Unterschiede! Wenn wir uns aber gegenseitig limitieren, indem wir uns den Filter der je eigenen Farbe vorhalten, wird die Welt nur schwer Jesus als das Licht der Welt erkennen können. Lasst uns keinen künstlichen Konkurrenzkampf erzeugen, der nur auf unsere egoistischen Motive aus Stolz und Unsicherheiten zurückzuführen ist. Die Farbenvielfalt der Gemeindelandschaft ist dann eine geniale Errungenschaft, wenn wir zusammen als weißes Licht leuchten können. Immer wieder ist dafür ein gerüttelt Maß an Demut von Nöten. Daran will ich auch immer wieder arbeiten.

Was will ich also mit diesen recht ausführlichen Aussagen zur Ringgemeinschaft, zum Licht, den Gnadengaben und der Gemeinschaft unter Christen und mit Gott genau sagen? Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn du mit Jesus lebst, DU als wahres Licht in dieser Welt leuchten kannst und sollst. ER will DURCH DICH in dieser Welt sichtbar werden und einen Unterschied machen. Alle Werke hat er für dich bereits vorbereitet, alle Segnungen mit seinem Werk am Kreuz bereitgestellt. Du kannst zum Hoffnungsträger seiner Gegenwart werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Christen mit unseren Gemeinden Orte, Regionen und Nationen segnen können. Finsternis wird ganz einfach durch die Anwesenheit von Licht vertrieben. Sie verdient nicht unsere Aufmerksamkeit. Menschen sollen frei von Gebundenheit und Süchten werden, sie sollen sich angenommen fühlen und gemeinsam mit Jesus in ihre echte Bestimmung hineinwachsen können. Anbetung ist ein unglaubliches Mittel, um in diese Gegenwart Gottes einzutreten und Gemeinschaft mit anderen Christen zu erleben, indem man EINS wird im Gebet. Gerade jetzt, wo die Pandemie so weit zurück gedrängt wurde, dass wir uns wieder treffen dürfen, sollten wir die Chancen nicht verstreichen lassen, zusammen zu kommen, um Gemeinschaft in der Anbetung zu praktizieren, aufeinander zuzugehen und uns gegenseitig zu segnen, damit viele Menschen freigesetzt werden können.

Vergangene Woche hatte ein befreundetes Ehepaar uns mit einer Gruppe von ca. 20 Personen in ihren Hof eingeladen. Wir spielten völlig ungezwungen Anbetungslieder, beteten Gott an, sprachen uns gegenseitig prophetische Worte und Ermutigungen zu und ließen unser Herz von Gott füllen. Da war es, dieses weiße Licht! Wir konnten für die gesamte Woche diese Freude und Frieden in uns spüren. Das sollte in unseren Zusammenkünften passieren, damit wir dann raus gehen können in diese düstere Welt, um zu leuchten. Immer mehr wird mir wieder bewusst, dass ich ja kein Licht erzeugen muss, sondern es nur nehmen und hinaus in diese Welt tragen darf.

Du bist auch ein Lichtträger – werde zum Lichtbringer!

Christian Weiß