Das richtige Pick ist der Trick!

Das richtige Pick ist der Trick!

Wie Material, Form und Stärke eines Plektrums (Picks) den Gitarrensound beeinflussen.

(Nachdem ich selbst angefangen habe, Picks herzustellen, musste ich an einigen Stellen nachbessern und konnte den Artikel mit sehr viel konkreteren Informationen zu Materialien überarbeiten. Ich hoffe es steckt dir jetzt nicht zu viel Fachwissen drin;-)

Früher dachte ich, die Wahl eines Plektrums beschränke sich hauptsächlich auf ästhetische Aspekte. Die richtige Farbe, das perfekte Motiv und schon bin ich perfekt gewappnet. Natürlich trägt das Design auch zu unserer Motivation bei. Schnell wurde mir aber klar, dass besonders die Stärke eines „Picks“ enormen Einfluss auf die Tongestaltung und den Klang hat. Irgendwie missfiel mir dieses „Ritsch-Ratsch“ eines hauchdünnen Plektrums, wie sie hier und da zur Liedbegleitung benutzt wurden. Je mehr ich von Gitarrenlehrern lernte, desto klarer wurde mir, dass die Beweglichkeit aus dem Handgelenk kommen sollte und ich dadurch dickere Plektren für vollere Klänge benutzen kann. Als ich klassische Gitarre studierte, unterrichtete ich parallel als junger Gitarrenlehrer an der Musikschule insbesondere erwachsene Gitarrenschüler. Einer von ihnen war nicht nur doppelt so alt wie ich, er hatte als Ingenieur auch eine große Affinität zur Werkstoffprüfung. Gemeinsam haben wir dann nebenbei natürlich auch die Picks verschiedener Materialien und Stärken ausprobiert. Wir erkannten, dass Nylon sehr warm klingt und äußerst elastisch ist, während uns die Picks aus z.B. Delrin deutlich unflexibler und brillanter vorkamen. Durch die Elastizität (E-Modul) von Nylon konnte man für die gleiche Anschlagsweise dickere Picks benutzen, was in der Summe deutliche klangliche Unterschiede hervorrief. Auf diese Weise kam ein Prozess bei mir in Gang. Heute, Jahrzehnte später, verfüge ich über eine riesige Sammlung an Picks, günstige wie teure, im Alltag habe ich aber häufig die drei gleichen Plektren in der Hosentasche. Welche das sind, wieso sie meine persönlichen Preis/Leistungs-Sieger sind und warum ich auch von bestimmten Edel-Picks überaus begeistert bin, will ich hier erklären. Vielleicht bringt dir das ja auch etwas mehr Klarheit in den Dschungel der unüberschaubaren Angebote.

Solltest du nicht so gerne lesen, geht es hier erst mal zum Video:

Von der Konzertgitarre her kommend schlägt man die Saiten traditionell mit den Fingern der rechten Hand an, was nach wie vor eine meiner bevorzugten Spielweisen ist – sogar auf der E-Gitarre. Dabei kann man feststellen: Streift die Saite nur die Fingerkuppe, klingt es warm oder negativ gesagt „dumpf“. Streift sie stattdessen zudem das in Form gebrachte Ende des Fingernagels, klingt es deutlich brillanter. Auch im Fingerstyle gibt es also diesen Einfluss des Materials auf den Klang. Es stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln man außerdem noch den Klang durch den Anschlag beeinflussen kann? Zunächst einmal sollten wir an dieser Stelle verschiedene mögliche Parameter der Klangformung einer angeschlagenen Gitarrensaite in den Blick nehmen. Schon beim Anschlag mit den Fingern gibt es viele Variationsmöglichkeiten: Mit Nagel oder ohne, senkrecht oder schräg angeschlagen, angelegt (apoyando) oder frei (tirando), am Hals (dolce) oder am Steg (metallico), eine oder mehrere Saiten zugleich (z.B. Arpeggio oder Resgueado), Tap oder Slap, … Die Möglichkeiten scheinen schier unerschöpflich zu sein. Da wir uns hier auf Plektren als Anschlaghilfe oder Anschlagserweiterung beziehen, sollten wir diese Parameter zumindest im Hinterkopf behalten. Hier variieren zunächst einmal: Material, Stärke, Form und Schliff. Auch zur Spieltechnik wäre bei Plektren einiges zu sagen, das ist aber nochmal ein ganz eigenes Thema.

1. Material

Neben exotischeren Materialien wie Holz, Metall, Perlmutt, Leder oder Stein hat sich in der Vergangenheit vor allem Schildblatt (gewonnen aus dem Panzer einer Meeresschildkröte) zum beliebtesten natürlich vorkommenden Material für Picks herauskristallisiert. Es war gut formbar und erzeugte einen warmen Klang ohne viele Nebengeräusche bei der Berührung der Saite zu erzeugen. Schliff man es bis auf 1-2mm herunter, war es noch ein wenig elastisch – die perfekte Kombination für ein Plektrum für Akustikgitarristen. Da Meeresschildkröten viele Jahrzehnte lang leben und ohne ihren Panzer natürlich nicht überleben können, gelten sie zum Glück seit den 70er Jahren als geschützte Art. Die Anfertigung und der Handel mit diesem Material und damit auch echten Schildblatt-Picks wurden seitdem verboten. Infolge dessen versuchten Gitarristen und Hersteller, den mit diesen Plektren erzeugten und allseits beliebten Klang, durch andere Materialien zu imitieren. Die Kombination aus einer gewissen tonalen Fülle und Wärme mit genügend Obertonspektrum, geringen Anschlaggeräuschen und leichter Elastizität stand für volle, offene Töne. Das tut sie immer noch!

Von den natürlichen Materialien kommt Rinderhorn der Zusammensetzung und dem Härtegrad von Schildblatt sehr nahe, wobei Horn jedoch (sofern ich mich noch an den zufälligen, kurzen und einmaligen Test eines Schildblatt-Picks vor sehr vielen Jahren recht erinnere) in meinen Ohren deutlich wärmer und sanfter klingt. Natürlich klingt nicht jedes Stück Horn oder Schildblatt gleich. Ich besitze Horn-Picks der Firma „Thohr“ und „Dugain“. Es gibt außerdem eine Fülle von Möglichkeiten des Einsatzes natürlicher Materialien. Das geht von, in der Regel eher warm klingenden, Holzarten über harten Rinderknochen, Mammut-Elfenbein (gibt es wirklich noch), Bronze, Stahl, Titan und sogar Halbedelstein, woraus so manches Pick bereits geformt wurde. Grundsätzlich neigen dabei glatte und harte Materialien dazu, dieses „Pling“ beim Berühren der Saiten zu erzeugen, sie klingen häufig deutlich brillanter und sind unflexibler, haben aber dafür wesentlich weniger Abrieb. Für die Akustikgitarre, um die es mir hier insbesondere geht, sind meiner Meinung nach all diese Materialien nicht wirklich für die breite Masse der Gitarristen gemacht. Es ist vielmehr eine sehr komplexe Mischung aus geringfügiger Elastizität, genügend Brillanz und möglichst wenig Anschlaggeräuschen vonnöten, um spieltechnische und klangliche Bedürfnisse abzudecken. Natürlich ist das auch Geschmacksache und es kommt auf das verwendete Instrument wie auch die Spielweise an. Meiner Beobachtung zufolge sind natürliche Materialien aber eher hochpreisige Nischenprodukte, die hier und da ein Spezialist für bestimmte Passagen oder seine ganz eigene Spielweise benutzt. Das mag bei E-Gitarristen noch einmal etwas anders aussehen. Manche E-Gitarristen benutzen sogar den „Quarter Dollar“ als Pick, was angeblich sehr kultig sein soll und durchaus bestimmte Effekte erzielt. Ich würde hier sehr gerne etwas rationaler an die Sache herangehen. Wäre es nicht sinnvoll, dass die Wahl des richtigen Plektrums aus der Erkenntnis über Funktion und Klang bestimmter Materialien und Formen kommt? Ich versuche hier sowohl den Mythos vom „einzig wahren Pick“, als auch die Deklassierung bestimmter Plektren argumentativ zu hinterfragen, wobei ich zugeben muss, auch meine Vorlieben zu haben.

Neben den natürlichen Materialien stehen heute viele Kunststoffe zur Verfügung, die eine große Vielfalt mit Auswirkung auf Anschlaggefühl und Klang bieten. Ging es zuerst darum, Schildblatt zu imitieren, konnten im Laufe der Zeit Kunststoffe hergestellt werden, die dem guten alten Schildblatt-Pick, meiner Meinung nach, sogar deutlich überlegen sind. Darauf möchte ich hier meinen Fokus legen. Lass uns gemeinsam ein Blick auf die wichtigsten Kunststoffe werfen:

Grundsätzlich werden Polymere, also Kunststoffe, in drei Kategorien unterschieden: 1. Thermoplaste: Diese Kunststoffe erweichen bei Erwärmung und können durch abkühlen wieder in eine feste Form gebracht werden. Dieser Prozess ist reversibel, weshalb Thermoplaste oft recycelbar sind. 2. Duroplaste: Diese Kunststoffe härten durch chemische Vernetzung irreversibel aus und können nicht mehr durch Wärme umgeformt werden. 3. Elastomere: Diese Kunststoffe sind dauerhaft elastisch und kehren nach einer Verformung in ihre ursprüngliche Form zurück. Sie bestehen aus weitmaschig vernetzten Polymerketten.

Für Gitarrenpicks werden vorwiegend thermoplastische Kunststoffe verwendet. Nylon (Polyamid, PA) ist ein synthetisches Polymer, das zur Gruppe der Polyamide gehört. Es ist reißfest und elastisch, leicht, widerstandsfähig und dabei sehr beständig gegen Abrieb. Für die Gruppe  der thermoplastischen Kunststoffe hat Nylon eine sehr hohe Elastizität. Dadurch ist es sehr haltbar und erzeugt beim Anschlag der Gitarrensaite einen warmen Ton. Ein 1mm starkes Pick aus diesem Material biegt sich beim Anschlag der Saite immer noch deutlich durch, ohne dabei viele Nebengeräusche durch den Anschlag zu erzeugen (E-Modul: 1-3 GPa, z.B. Dunlop Nylon). Delrin (Polyoxymethylen, POM) ist ein hochfester technischer Kunststoff der hohe Steifigkeit besitzt. Delrin hat sehr gute Gleit- und Verschleißeigenschaften. Durch eine recht glatte Oberfläche erzeugt es beim Anschlag der Saite geringe Reibung. Klanglich ist Delrin deutlich heller als Nylon. Ein 1mm starkes Pick ist noch biegsam, aber deutlich weniger als Nylon. Auch Tortex-Picks sind aus Delrin gefertigt. Grundsätzlich sind diese Picks von der Oberfläche her etwas schlüpfrig, weshalb auch Serien mit aufgerauter Oberfläche angeboten werden (E-Modul: 2.8-3,6 GPa, z.B. Dunlop Delrin). Ultem (Polyetherimid, PEI) ist ein hochleistungsfähiger technischer Kunststoff. Es hat besonders hohe Temperaturbeständigkeit, besonders hohe mechanischer Festigkeit bzw. Steifigkeit und chemische Widerstandsfähigkeit. Ultem besticht durch seine brillante Klarheit im Klang. Ein 1mm starkes Pick ist nur mit deutlichem Kraftaufwand noch minimal biegsam. Für den großen Härtegrad erzeugt es ein durchaus noch erträgliches Maß an Anschlaggeräuschen (E-Modul: 3-4,5 GPa, z.B. Dunlop Ultex). Polycarbonat (PC) ist ein ebenfalls hochfester Kunststoff, der besonders widerstandsfähig und schlagfest ist. Es ist leicht aber kaum brechbar und klingt etwas wärmer als Ultem, was auch durch die etwas geringere Steifigkeit zu erklären ist (E-Modul: 2-3,5 GPa, z.B. Dunlop Jazztone). Acryl (Polymethylmethacrylat, PMMA) ist Kunststoff auf der Basis von Acrylsäure oder Methacrylsäure. Acryl ist Transparent, leicht, bruchfest und wird oft als stabilere Alternative zu Glas verwendet. Ein 1mm starkes Pick ist ähnlich biegsam wie Delrin. Es erzeugt einen recht lauten Ton, der entgegen mancher Herstellerangaben in meinen Ohren deutlich wärmer als Ultem klingt (E-Modul: 2-3,3 GPa, z.B. V-Picks Phil Keaggy). Torlon (Polyamid-IMID, PAI) ist ein Hochleistungskunststoff und zeichnet sich durch sehr hohe Wärmebeständigkeit und extreme Verschleißfestigkeit, sowie ausgezeichnete mechanische Festigkeit aus. Es ist ein sehr steifes Material, was sich in 1mm Stärke fast gar nicht mehr biegen lässt. Es klingt sehr klar und brillant, ohne zu starke Anschlaggeräusche zu erzeugen (E-Modul: 5-15 GPA- je nach Verstärkung durch Materialzusätze, z.B. Martin Luxe). Polyetheretherketon (PEEK) ist ein hochleistungsthermoplastischer Kunststoff, der für seine hohe mechanische Festigkeit und Temperaturbeständigkeit sowie chemische Resistenz bekannt ist. Es gehört zur Gruppe der Polyaryletherketone (PAEK). Es gibt die Vermutungen, dass die Picks aus der Gravity Gold Serie aus diesem Material gefertigt werden (wird aber nicht offiziell bestätigt – andere Vermutungen bringen PMMA –Verbundwerkstoffe ins Spiel). PEEK GF30 mit einem 30%igen Anteil von Glasfasern ist extrem hart (E-Modul ca 6,5 GPa), während normales PEEK immer noch ziemlich hart etwa zwischen Delrin und Ultem liegt (E-Modul ca. 3,6 GPa). Ein 1mm starkes Pick von Gravity (Gold) ist fast ebenso steif wie das Martin Luxe 1mm aus Torlon, was die Vermutung nahelegt, dass es PEEK GF30 sein könnte. Es erzeugt einen sehr klaren, brillanten Ton (z.B. Gravity Gold). Selbstschmierender Verbundwerkstoff auf Polymerbasis (PA-MoS2), wird aus mehreren Komponenten mit einer Polymermatirx und eingebetteten Festschmierstoffen wie Graphit, Molybdändisulfid oder PTFE hergestellt. Diese Werkstoffe sind extrem leistungsfähig, da kaum ein Abrieb entsteht und eine permanente Schmierung vorhanden ist. Normalerweise werden sie in der Luftfahrt, Medizin oder anderen High-Tech-Bereichen eingesetzt. Für die Herstellung von Gitarrenpicks sind sie deshalb so interessant, da die Selbstschmierung Anschlaggeräusche vermindern und das Gleiten durch die Saiten deutlich verbessern kann. Außerdem entsteht praktisch keine Abnutzung. Im Falle von Blue Chip Picks ist ein 1mm starkes Pick noch ähnlich biegsam wie ein Pick aus Polycarbonat (was für mich die Vermutung der Verwendung von PA-MoS2 nahelegt), klingt aber bei ebenso reichen Obertönen viel voller und runder, wobei wenig Anschlaggeräusche zu hören sind. Während bei anderen Picks  für mich immer noch das Kunststoff zu hören ist, verschwindet hierbei der Eindruck des Picks fast völlig und man hört, subjektiv gesagt, einfach nur noch die Gitarre (E-Modul: 2,8-3,6 GPa, z. B. Blue Chip Picks). Hochleistungsfähige Kunststoffe wirken sich natürlich auch auf die Preise aus.

In der Gruppe der Duroplastiken finden wir insbesondere frühe Kunststoffe, die immer noch für die Herstellung von Picks verwendet werden. Galalith (biobasierter Kunststoff aus Casein/Milchstein) ist ein hartes, recht unflexibles, in geringer Stärke aber recht leicht brechbares Material, das einen eher warmen Ton erzeugt. Es wird häufig in Schildblattoptik angeboten, weil es schon früh einen guten Versuch darstellte, dieses Material zu imitieren. Beim Anschlagen erzeugt es ein deutlich hörbares Nebengeräusch. Ein 1mm starkes Pick aus diesem Material ist ähnlich elastisch wie Acryl (E-Modul: 2-3,5 GPa, z.B. John Pearse Fast Turtle). Ebenso traditionell ist Zelluloid, woraus immer noch eine ganze Flut von Picks hergestellt wird. Es ist ein Kunststoff aus Nitrozellulose (Schießbaumwolle) und Kampfer (oder alternativ Buchenholz), das leicht und elastisch ist. Mit der Zeit wird der Werkstoff spröde. Zelluloid, das auch als Viscoloid (Markenname) verkauft wird, klingt etwas heller als Nylon und ist in 1mm Stärke auch geringfügig unelastischer. Manche behaupten, sein Klang gehe in nötiger Stärke ebenfalls in Richtung Schildblatt, andere sprechen von „Vintage-Sound“. Da dieses Material günstig herzustellen ist, gibt es eine Fülle von Billigprodukten mit unsauberen Kanten und Aufdruck. Es werden aber auch hochwertigere Picks aus Zelluloseacetat hergestellt (z.B. Kasho Picks). Auch die Firma Chickenpicks verwendet einen duroplastischen Verbundwerkstoff, der allerdings bisher noch nicht bekannt wurde. Diese Plektren sind die härtesten, die ich je in die Finger bekommen habe und deshalb für die Akustikgitarre nicht wirklich geeignet. Sie klingen sehr brillant, erzeugen aber auch sehr deutliche Anschlaggeräusche und sind erst ab einer Stärke von 2,2mm zu bekommen.   

Tatsächlich habe ich nur bei Ibanez Picks aus hartem Elastomer gefunden, die durch ihre Beschaffenheit sehr warm klingen und für mich damit für die Akustikgitarre nicht in Frage kommen. Gerne nehme ich das große Ibanez hard Elastomer Triangel-Pick in 2,2mm wenn ich einmal ein Pick für den E-Bass brauche.

Dies war eine Auswahl der aus meiner Sicht bedeutendsten Materialien. Ich habe sie getestet und persönlich eingeschätzt. Diesen Eindruck habe ich anschließend mit Herstellerangeben und wissenschaftlichen Daten zu Materialien abgeglichen. Bei einigen „Boutique“- Herstellern, wird die Zusammensetzung des Materials nicht bekannt gegeben. Hier habe ich verglichen, in Foren gelesen und Vermutungen mit einbezogen. Die Firma „Hense“ nennt z.B. “Midnight Blue“ oder „Cream“ als Material, was selbstkreierte Markennamen sind. Ein Pick aus „Midnight Blue“ z.B. klingt meiner Meinung nach ähnlich klar aber etwas wärmer als Ultem. Jeder Ton hat dabei eine gute Substanz. Obwohl es ähnlich steif ist wie ein Pick aus Ultem, erzeugt es deutlich weniger Anschlaggeräusche, was aber auch am extrem guten Anschliff liegen kann. Wenn ich keine Materialangaben gefunden habe, wie bei Hense Midnight Blue oder Cream, bin ich nicht näher auf das Material eingegangen.

2. Stärke

Die Kunst bei der Wahl des Gitarrenpicks besteht nun aber darin, die richtige Stärke für ein bestimmtes Material und einen bestimmten Anwendungszweck zu ermitteln. Allgemein kann man sagen, dass es für das Anschlagen von Akkorden recht angenehm ist, wenn sich ein Plektrum noch geringfügig biegen lässt, da man damit leichter durch die Saiten gleiten kann. Zu viel Elastizität hingegen erzeugt für meine Ohren sehr störende Anschlaggeräusche. Für Singlenotes braucht man mehr Kontrolle, was härtere Plektren bieten. An der Akustikgitarre benötigen wir eben häufig eine Mischung aus beidem, was die Wahl des Picks zu einem wichtigen Faktor werden lässt. Ich spiele persönlich sehr gerne mit Nylon-Picks, wenn ich ausschließlich rhythmisch Akkorde anschlage und es einfach rund klingen soll. Dieses Material (z.B. 1mm stark) biegt sich beim Anschlagen immer noch deutlich durch. Bei einem gleich dicken Ultem-Pick geschieht das nur noch in sehr geringem Maße. Das habe ich ja oben bereits erklärt. Während also mein 1mm Nylon-Pick beim Strumming diesen warmen, nebengeräuscharmen und schön von Saite zu Saite überblendenden Ton erzeugt, hätten deutlich steifere Materialien einen klareren und brillanteren Klang, der oftmals aber gepaart mit stärkeren Anschlaggeräuschen (Risch-Ratsch) daherkommt. Hier machen die selbstschmierenden Verbundwerkstoffe sicher nochmal einen großen Unterschied! Für Flatpicking oder das Singlenote-Spiel fehlt mir z.B. bei Nylonpicks durch die vorhandene Elastizität die Kontrolle und damit auch die Substanz und Lautstärke im Ton. Dafür sind z.B. Picks aus Ultem viel besser geeignet. Hier kann ich mit meinem 1mm starken Pick einen klaren, zwar brillanteren aber gut akzentuierten Ton spielen. Ich persönlich wähle dafür normalerweise das 1,14mm starke Dunlop Ultex, das noch ein wenig mehr Substanz, Lautstärke und Wärme im einzelnen Ton erkennen lässt, dafür aber etwas weniger biegsam ist. Du merkst, dass sehr geringfügige Stärkenunterschiede  (hier 0,14mm) schon einen deutlichen Unterschied machen können. Auf der Akustikgitarre verwende ich außerdem liebend gerne die Picks von Blue Chip in 0,89mm (Strumming), 1mm (Allround) und 1,25 mm (Flatpicking und Singlenotes) aus selbstschmierendem Verbundwerkstoff, das Hense 1,2mm (Allround) aus „Midnight Blue“, das Gravity Gold 1mm (brillantes Flatpicking) vermutlich aus PEEK, das Martin Luxe 1mm (Flatpicking) aus Torlon, das V-Picks Phil Keaggy 1,5mm (Singlenotes) aus Acryl, das Hense Oliver Waitze 1,6mm (warme Singlenotes) aus Galalith, Dunlop Primetone Picks 1mm (Allround) aus Ultem, das D’Addario Acrylux Reso 1,5mm (Flatpicking) aus Acryl und mein neustes Pick, das Tone Slabs Darth Tone 1,25mm  (Flatpicking und Singlenotes) aus einem mir unbekannten High-Tech-Material. Ab einem gewissen Tempo ist ein zu elastisches Pick für Singlenotes nur noch sehr schwer zu handhaben. Deswegen ist also die Kombination aus Material und Stärke für ein Pick so komplex. Nimmt man ein Ultem 0,73mm Pick für Strumming, ist es fast ebenso elastisch wie in 1mm Nylon, erzeugt aber einen deutlich helleren Klang. Je dünner ein Plektrum wird, desto mehr „Ritsch-Ratsch“-Nebengeräusche werden dabei durch das Aufschlagen auf den einzelnen Saiten erzeugt. Bei Ultem (Dunlop nennt diese Picks Ultex – falls dich die Begriffe irritieren) klingt das für mich persönlich z.B. ab 0,6 mm nicht mehr so schön. Je dicker ein Pick ist, desto schwerer gleitet man durch die Saiten. Man kann dann die Saiten nur noch hauchzart berühren (muss also sehr stark aus dem Handgelenk anschlagen), sonst bleibt man wegen der Steifigkeit des Materials hängen und der rhythmische Fluss geht verloren. Lautstärke und Klangfarbe verändern sich dadurch drastisch. Je dicker ein Pick ist, desto voller und lauter klingt der Ton. Gerade im Jazz werden sehr gerne Picks verwendet, die mehrere Millimeter dick sind. Damit kann ein einzelner Ton extrem voll und je nach Schliff auch warm klingen. Mein Dunlop Jazztone 207 Pick ist 2mm dick und aus Polycarbonat. Mit seiner abgeflachten Spitze kann ich die wärmsten und rundesten Melodien erklingen lassen, was ich nicht nur für Jazzmusik anwende. Ich würde grundsätzlich für Strumming Plektren zwischen 0,6 und 1,25mm empfehlen. Für Flatpicking finde ich Plektren zwischen 1,0 und 2,0mm ideal. Hier sind meine Blue Chip TAD 40 (1,0mm) und TAD 1R-50 (1,25mm) sowie mein Tone Slabs Darth Tone (1,25mm) meine absolute Referenz, während ich immer eines der viel günstigeren Dunlop Ultex 1,14 in der Hosentasche habe. E-Gitarristen wählen ebenfalls häufig eine mittlere Stärke (1-2 mm oder dicker), wobei in diesem Fall die Form möglicherweise abweicht, dazu kommen wir gleich noch genauer. Für die Jazzgitarre werden Picks zwischen 1,0 und 4,0mm gewählt. Für mich persönlich ist normalerweise bei 2mm Schluss, weil ich ansonsten die Handhabung schwierig finde. Im Gypsy Jazz werden häufig die 3,5mm starken Picks der Firma Wegen benutzt, die einen sehr speziellen Schliff haben und für die ein nicht bekanntes Material verwendet wird.

3. Form

Als weiteren Aspekt muss man bei der Wahl eines Picks über die Form nachdenken. Besonders die Spitze des Picks hat enormen Einfluss auf den Anschlag. Ist ein Pick, wie z.B. mein Dunlop Jazztone 207, mit einer sehr abgeflachten und runden Spitze ausgestattet, gleitet man bei Singlenotes sanft in die Saite hinein und erzeugt damit einen warmen, runden Ton. Das kann man mit dem schräg angesetzten Fingeranschlag vergleichen. Mit einem sehr zugespitzten Pick klingt das sehr viel dünner und härter, man hat dadurch aber mehr Kontrolle über den einzelnen Anschlag, was besonders das schnelle Melodiespiel erleichtert. Spitze Picks, wie z.B. die Jazz III Picks von Dunlop sind daher sehr beliebt bei E-Gitarristen. Ich persönlich wähle für die Akustikgitarre oftmals am liebsten die als „Standard“ bezeichnete Tropfenform, da sie für mich das Beste beider Welten darstellt. „Triangle“ Picks haben zudem bei ähnlicher Zuspitzung noch den Vorteil, dass man mit allen 3 Ecken anschlagen kann, die entweder identisch oder sogar wie bei meinem Blue Chip TAD 1R-50 unterschiedlich geschliffen werden können. Auch in der Gruppe der Triangle- oder Tropfen-Form-Picks laufen die Spitzen unterschiedlich steil zu. Ich mag allgemein gerne etwas rundere Spitzen, benutze aber auch gerne etwas spitzer zulaufende Picks wie das V-Picks Phil Keaggy oder das Tone Slabs Darth Tone für komplexere und schnellere Pickings. Die Größe eines Picks ist wahrscheinlich vor allem eine Sache der Gewohnheit.

4. Schliff

Wenn du vermutest, dass ich jetzt den Absatz über die Form wiederhole, kann ich dich beruhigen. Mit Schliff meine ich die Möglichkeit ein Pick durch (im Idealfall) einen Handschliff zu perfektionieren. Der Hersteller „Jean Luc Dugain“ war wohl der Erfinder von Picks mit Griffmulden für Daumen und Zeigefinger. Dazu benutzt er sehr dickes Material, in das er Mulden schleift und das er zur Spitze hin abflacht. Dies erleichtert das ideale Halten eines Plektrums. Da für diese Griffmulden aber sehr dickes Material benutzt werden muss sind sie für den typischen Akustik-Gitarristen eher nicht in der engeren Wahl. Was viel entscheidender ist, man kann Picks für Rechts- bzw. Linkshänder anschleifen, was bewirkt, dass ein neues Pick sich spielt wie ein lange eingespieltes. Für Rechtshänder wäre das auf Daumenseite links abgeflacht und umgekehrt auf der Gegenseite. Das bewirkt ab einer Stärke von ca. 1mm regelrechte Wunder für das Gleiten durch die Saiten. So etwas gibt es in besonders ausgeprägter Form z.B. bei Hense (hier kann man Pick mit Links-, Rechts- oder ohne –Schliff bekommen), sehr gut gefällt mir der Anschliff auch bei Blue Chip, da er dort weniger stark ausgeprägt ist und das für mich etwas mehr Flexibilität bietet oder bei Tone Slabs. Auch die Primetone Picks von Dunlop oder das Martin Luxe haben einen schönen Anschliff. Ich habe mein „V-Pick Phil Keaggy“ auf diese Art nachgeschliffen, weil dieses gute Plektrum mit unsauberen Kanten geliefert wurde. Der Effekt war enorm! Sowohl Spielgefühl als auch Anschlaggeräusche wurden deutlich verbessert. Gerade bei größeren Stärken, ist es schon erheblich, wie ein Pick zur Spitze hin zuläuft. Mit etwas Schleifpapier kann man da aber auch deutlich nachhelfen. Achtung – immer schön auspolieren!

Um nochmals auf die drei Picks in meiner Hosentasche einzugehen: Für den Alltag habe ich normalerweise ein Dunlop Nylon 1mm (die schwarzen), ein Dunlop Ultex 1,14 mm und ein Dunlop Jazztone 207 in der Hosentasche. Mit dem Nylon spiele ich Strumming, mit dem Ultex Flatpicking oder E-Gitarre, mit dem Jazztone die runden Singlenotes. Alle Picks sind sehr preiswert, wenn ich mal eins aus der Hosentasche verliere, habe ich noch ein Set im Portemonnaie. Zuerst war diese Wahl einfach nur zufällig, irgenwann ist es dann eine Wahl der Erfahrung geworden. Du greifst immer wieder dieselben Picks. Je mehr ich über Materialien herausfand, desto bewusster wählte ich allerdings meine Picks aus.

Als WorshipNetzwerk geht es bei uns natürlich nicht in erster Linie um Spieltechnik und Equipment! Es hilft uns einfach nur dabei, in unsere Salbung hinein zu finden. Vielmehr drängt sich mir in diesem Zusammenhang noch eine Analogie auf: Das ideale Pick wäre so hart, dass es eine kontrollierte Berührung der Saite mit optimaler klanglichen Auswirkung erzielen würde. Es wäre so, dass man keine Anschlaggeräusche hören kann, weil es „Eins“ mit der Saite würde. Das ideale Pick wäre zudem „Eins“ mit der Hand und würde insgesamt das gesamte Potential dieses Spielers und eines Instrumentes zum Vorschein bringen. Genau auf diese Weise ist es, wenn wir von Gott berührt werden. Er will uns dahin bringen, dass wir im Flow sind! Was wir in seinem Segen tun, ist leicht und dennoch erfolgreich. Alles fühlt sich warm und gut an, obwohl wir zu Höchstleistungen befähigt werden. Wenn es klappert und schrillt, wenn wir keinen Frieden haben, sollten wir nachfragen, ob das wirklich von Gott ist! „Das Gute behaltet“, bedeutet für mich: Wenn es von Gott kommt, kann ich seinen Frieden selbst in Herausforderungen spüren, gerade weil seine Wahrheit große Autorität hat. Vielleicht ist es so, als würde der Ton, der dir in den Sinn kommt, genauso durch dein Plektrum aus deinem Instrument gelockt.

Hier noch ein kleiner Überblick über ein Paar besondere Picks:

Dunlop Primetone Std 100 oder 200 (Ultem) – heller ausgewogener Ton, als etwas brillantere Alternative für die Ultex, zudem mit Schliffkante, was bei 2mm schon wichtig ist – für Flatpicking oder Melodie auf der Akustikgitarre.

Hawk Tonebird 1 – 1,4mm (Casein) – runder Ton. Spitze ist toll für E-Gitarre.

Blue Chips TD 35 0,89mm,  TAD 40 1,0mm, TAD 1R-50 1,25mm (Blue Chips Kunststoff) – sehr voll und trotzdem hell und klar im Ton, nur minimale Anschlaggeräusche, hart, fast unzerstörbar, gleitet wunderbar durch die Saiten – für Flatpicking (TAD40 und TAD 1R-50) und Strumming (TD35).

Hense Midnight Blue 1,2mm (Midnight Blue Kunststoff) – sehr klar, wunderbarer Anschliff und kaum Anschlaggeräusche – Upgrade zu den Ultem Picks – spiele ich gerne für alles außer Strumming.

Hense Cream Speedy 1,2mm (Cream Speedy Kunststoff) – klar aber wärmer als die blauen, wunderbarer Anschliff und wenig Anschlaggeräusche – ich ziehe trotzdem die Midnight Blue vor.

Thohr Classic 1mm (Rinderhorn) – sehr warmer Ton, jazzige Melodien auf Akustik oder Konzertgitarre.

John Pearse Fast Turtle Thin 1,25mm (Casein) – warmer Ton, klarer als Horn, tolle Konsistenz, gutes Material für Flatpicking und alles außer Strumming.

Dugain Ivoir Mammuth (Mammut Elfenbein) – hartes und glattes Material, dafür recht runder Ton – benutze ich fast nie, fühlt sich aber toll in der Hand an.

Hense Happy Turtle Oliver Waitze 1,6mm (Casein) – sehr angenehme Form, warmer, kräftiger und runder Ton, gute Kontrolle.

Dunlop Nylon 1,25 – sehr warm – für kräftig warmes Strumming.

Dunlop Ultex 0,73mm (Ultem) – heller Ton mit hörbarem Anschlaggeräusch – gut für brillantes Strumming mit rhythmischen Akzenten.

Clayton Spectra 1,10mm (Polycarbonat) – hartes Pick mit brillantem Ton – biegsamer als Ultem, toll bei Akkordzerlegungen.

Kasho – No.55 diverse Stärken (Zelluloid) – warmer und runder Ton, lustiger Verlängerungsstreifen für den Daumen.

Chicken Pick Std 2,2 und 2,6 (Duroplast) – sehr hartes Material und harter Ton, scheinbar ewig haltbar, hohe Anschlaggeräusche – gute Kontrolle für E-Gitarre.

D’Addario Acrylux Reso 1,5 (Acryl) – hartes Material aber dafür relativ warmer Ton – gut für Singlenotes und Flatpicking.

Gravity Gold 1,0mm (Duroplast) – sehr hartes Material, sehr brillanter Ton, Anschlaggeräusche – gut für sehr brillantes Flatpicking.

V-Pick Phil Keaggy  (Acryl) – hartes Material, warmer Ton, tolle Form für viel Kontrolle. Nach meinem Handschliff sehr gut für Singlenotes und Flatpicking geeignet.

V-Pick Tradition UL 0,8mm (Acryl) – hartes Material aber in dieser Stärke biegsam, brillanter Ton mit Anschlaggeräuschen, recht spitz für gute Kontrolle – geeignet für Strumming mit perkussiven Nabengeräuschen.

Martin Luxe 1,4mm – (Polymer) – sehr hartes Material, liegt super in der Hand, mit Rechtsschliff gleitet es gut durch die Saiten. Klarer, heller Ton mit viel Substanz – toll für Flatpicking und Singlenotes.

Tone Slabs 1,25mm – hartes Material – auf Augenhöhe mit Blue Chip, aber etwas klarer im Ton, sensationell verarbeitet.

Nie hätte ich gedacht, dass ein Plektrum derart unterschiedlich klingen kann. Das richtige Pick trägt klanglich und vom Spielgefühl sehr stark zum Glücksgefühl beim Spielen bei. Probiere ruhig mal aus! Ich berichte sicher bald noch einmal von meinen ersten eigenen Kreationen.

Christian Weiß

Wenn die Akustikgitarre auch verstärkt gut klingen darf

Wenn die Akustikgitarre auch verstärkt gut klingen darf

Piezo, Magnet, Sensor, Mikrofon, Impulse Response oder was?

 „Jeder Christ ein Gitarrist“, oder wie sagt man das, wenn man einem Instrument die künstlerische Relevanz absprechen möchte? „Wandergitarre“ oder „Lagerfeuer-Gitarre“ sind Begriffe aus einer längst vergangenen Zeit, in der Menschen sich in unserem Land gesellig im Freien trafen und gemeinsam Lieder sangen. Mittlerweile hat sich die akustische Gitarre längst wieder zu einem bedeutungsvollen und in einigen Fällen durchaus anspruchsvoll zu spielenden Instrument auf die großen Bühnen dieser Welt hinaufgespielt. Auch Worship-Musik hat sich verändert – und in mancher Hinsicht ist es meiner Meinung nach auch gut so! Diese Entwicklung hat aber zur Folge, dass wir mit unseren Instrumenten auf die Anforderungen der Gemeinden dieser Zeit reagieren müssen. Heute finden sich Gitarristen im Kontext moderner Worshipmusik schnell in einer von Technik dominierten Umgebung wieder. Das Gute daran ist, dass Instrumente mit unterschiedlicher Grundlautstärke, wie z.B. Schlagzeug, Piano und Akustikgitarre,  durch Tonabnehmersysteme oder Mikrofone ganz natürlich und in der Lautstärke ebenbürtig miteinander gespielt werden können. Eigentlich sollte sich die Akustikgitarre nicht mehr ausschließlich als hochfrequentes und perkussives Geräusch, ähnlich einem Shaker (diese Erfahrung musste ich im Laufe der Zeit leider häufig machen), im Gesamtsound wiederfinden müssen.

Dabei ist es erst ziemlich genau 100 Jahre her, dass Lloyd Loars den ersten elektrostatischen Tonabnehmer für die L-5-Archtopgitarre der Firma Gibson entwickelte. Bald folgten auch erste magnetische Tonabnehmer. Doch schon damals wurde schnell klar, dass sich der verstärkte Klang der Gitarren maßgeblich vom akustischen unterschied. 1940 wurde das Patent für den ersten piezoelektrischen Schwingungssensor vergeben. Erst in den 80er Jahren wurden dann die bis heute stetig weiterentwickelten Piezo-Pickups erfunden, deren Klang viel brillanter ist als der von den magnetischen Mitstreitern. Mit den eingebauten aktiven Vorverstärkern können damit ansehnliche Ausgangsspannungen erreicht und somit störende Geräusche verhindert werden. Das eigentliche Problem dabei ist nur auch heute noch, dass der Klang dieser Tonabnehmer zwar gut verstärkt werden kann, er aber immer von einem hochfrequenten „Quäken“, dem typischen Piezo-Sound, umgeben ist. Nein, das klingt bei weitem nicht wie die im Studio mit hochauflösenden Mikrofonen aufgenommene Gitarre. Seit den 90er Jahren versucht man dieses Phänomen mithilfe zusätzlicher in die Gitarren eingebauter Miniaturmikrofone oder anderer an schwingende Bauteile angebrachter Sensoren auszugleichen. Natürlich kann man dabei auf der Bühne das Mikrofonsignal in der Regel nur geringfügig hinzumischen, da ansonsten die Gefahr einer Rückkopplung z.B. mit der Monitorbox oder dem Saallautsprecher zu groß wird. Dennoch, der verstärkte Klang gewinnt damit deutlich an Lebendigkeit. Ich selbst spiele beispielsweise derzeit in zwei meiner Gitarren einen „L.R. Baggs Anthem“ Tonabnehmer. Dieses System ist sicher neben anderen High-End-Produkten einer der derzeit leistungsstärksten Tonabnehmer für Akustikgitarre mit Piezopickup und Mikrofon, da die Rückkopplungsanfälligkeit des Mikrofones minimiert wurde.

In den vergangenen 20 Jahren spielte ich mit der Akustikgitarre auf etlichen Bühnen unterschiedlicher Größe. Ob als Fingerstyle-Gitarrist, in Singer-Songwriter-Manier oder mit kompletter Band, ich habe dabei immer versucht, dem Fortschritt der Tonabnehmerentwicklung zu folgen und dadurch auch ständig die neusten Systeme ausprobiert. Dabei kam mir meine jahrelange Tätigkeit als Fachverkäufer von Akustikgitarren, die ich erfreulicherweise schon während meines Musikstudiums beginnen konnte, und die guten Beziehungen zu etlichen bedeutenden Gitarrenbauern zugute. Deshalb nehme ich mir heraus, einen kleinen Beitrag zu dieser Thematik leisten zu dürfen.

Während die Technik der Akustik-Tonabnahme immer leicht im Hintergrund voranschritt, da man ja nur einen so natürlichen Klang, wie irgend möglich erreichen wollte (eben den akustischen Klang einer Gitarre etwas lauter abbilden wollte), lag der Fokus oft auf der E-Gitarre. Für sie gab es, dank der vielseitigen Verstärkertechnik, der kleinen Wunderkisten auf dem Pedalboard und sehr variabler Gitarren- Tonabnehmer-Kombinationen, schon lange eine sehr variable Klanggestaltung. Mich hingegen faszinierte seit meiner Schulzeit, als ich klassischen Gitarrenunterricht nahm und ganz nebenbei herausfand, dass „Fury in the Slaughterhouse“ Steelstring-Gitarren der in meiner Region beheimateten Firma „Lakewood-Guitars“ verwendeten, der Sound von Steelstring-Gitarren. Dieser Klang hatte sich in meinem Gehirn eingenistet. Ich weiß noch, wie meine erste Lakewood Gitarre, eine D20 mit Ragtime Hals und einem AER AK-15 Piezo-Tonabnehmer, mir damals schon wie der absolute Durchbruch vorkam. Wenn du dann den Livemitschnitt eines Auftritts angehört hast, warst du aber doch etwas ernüchtert, da die Gitarre nicht die Substanz ihrer akustischen Qualität widerspiegeln konnte. Ich ließ dann in meine M-14 einen B-Band Transducer einbauen, der zunächst einmal viel natürlicher klang, mit der Zeit aber an Lautstärke verlor und letztendlich viel zu anfällig war. Von Shadow über Fishman bis LR-Baggs habe ich alle möglichen Systeme in akutstisch immer besser klingende oder konzeptionell spannende Gitarren von Lakewood, Taylor, Launhardt, Antonius Müller Frameworks usw. einbauen lassen. Es gab bessere und schlechtere Piezos, sowie bessere und schlechtere Mikros, die im Korpus angebracht wurden. Ich packte zusätzlich einen magnetischen Tonabnehmer ins Schallloch und probierte verschiedene Decken-Transducer aus. Ja, ich klippte mir sogar ein Mikrofon an den Halsfuß, das dann auf Höhe des 12. Bundes über dem Griffbrett hing, damit meine Bewegung nicht den Winkel zum Mikrofon änderte. Jeder Tonabnehmer hatte seine eigene Klangcharakteristik, an ein ordentliches Kondensatormikrofon auf  Höhe des 12. Bundes in 30 cm Entfernung kam aber kein Abnehmer wirklich heran. Entweder klang es zu schrill, oder zu dumpf, entweder war es topfig oder zu feedbackanfällig. Was man dieser Branche wirklich hoch anrechnen muss ist, dass man sich seit Jahrzehnten ständig im Prozess der Weiterentwicklung befindet. Es gab ständig kleine Fortschritte.

Mit der Digitalisierung der Gitarrentechnik und dem wachsenden Markt für simulierte und modellierte E-Gitarrensounds, die wiederum zeitgleich stattfand, wurde ich anfangs nicht wirklich warm, ich kaufte dann trotzdem alle möglichen Multieffektgeräte und Gitarren-Synthesizer und landete schließlich bei dem Line 6 – Helix. Bitte nicht falsch verstehen, ich bin eigentlich von meinen Soundvorstellungen Purist, weshalb nichts an meinen handverdrahteten Röhrenverstärker von Steffen Dörrer mit ein paar genialen Bodeneffekten heran kommt. Doch oftmals wurde diese Signalkette gerade für Worshipmusik auf kleinen Bühnen als zu laut empfunden. So war der Helix dann durchaus häufig meine beliebte 2. Wahl. Schnell wurde mir dabei klar, dass dieses auf Modelling basierte Gerät von Line 6 auch eine Revolution für mein Hauptinstrument, die Akustikgitarre, sein könnte. Effekte wie Hall und Delay in Studioqualität, Kompressoren, Klangregelungen der Oberklasse – hier konnte ich unschöne Frequenzen meiner verstärkten Akustikgitarre positiv verändern und von Lied zu Lied den Klang an meine Spielweise anpassen. So kam es, dass ich eine für mich bedeutende Entdeckung machte:

Impulse Response heißt sie im Fachbegriff! Was ursprünglich für digitale klangliche Abbildungen zur Simulation von Lautsprecherboxen gedacht war, entpuppte sich für mich immer mehr als eine hervorragende Lösung für den Klang meiner Akustikgitarre auf der Bühne. Wenn du das noch nicht so gut kennst, musst du es dir so vorstellen: Jemand nimmt im Studio mit professionellem Equipment den Klang seiner akustisch umwerfend klingenden Gitarre auf. Dieses Signal wird so bearbeitet, dass man eine kleine Audiodatei auf ein Effektgerät aufspielen kann. Im einfachsten Fall funktioniert das wie ein kleines Bodeneffektgerät. Jetzt kannst du zu deinem Piezo-Tonabnehmer-Signal quasi das Abbild eines im Studio aufgenommenen Klangs hinzumischen, was bedeutet, dass deinem Piezosignal die klanglichen Eigenschaften des Mikrofones anhand von Frequenzanpassungen übergestülpt werden. Bei mir hat sich ein höchstens 10-20%iger Anteil der Zumischung dieses Effektes im Gesamtklang bewährt. (An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Zumischung am Helix problemlos umzusetzen weil das genauso vorgesehen ist, bei z.B. einem TC-Electronics IR-Loader ist das Zumischen aber keine Option. Hier hört man immer 100% der Impulsantwort, man könnte ihn über den Einschleifweg eines Preamps (ich habe das mit dem Lehle IQ DI ausprobiert) zumischen. Ein solches Gerät hat aber nicht jeder zur Hand, weshalb die günstige Lösung manchmal etwas Denkarbeit erfordert.) Damit kannst du jenes Piezo-typische „Quäken“ ganz einfach verändern, und deine Gitarre klingt auf jeden Fall etwas mehr wie akustisch vom Mikrofon aufgenommen. Natürlich ist die Kunst dabei, ein IR-File zu finden, das deiner Gitarre idealerweise perfekt entspricht oder eben einfach gut dazu passt. Viele Dateien führen dazu, dass man am Ende ein topfiges und verfremdetes Klangergebnis hat. Hast du aber einmal eine passsende IR gefunden, so ist das eine sehr respektable Lösung für deinen Akustikgitarren-Sound!

Letzten Sommer spielten wir auf einem Wochenendseminar mit Maria Luise Prean Bruni und leiteten die Worshipzeiten mit einer Band des WorshipNetzwerks. Zu unserer großen Freude war Samuel, einer der Techniker der ICF-Wetzlar für den Sound angereist. Alles war prima, ich war mit dem Sound meiner Gitarre und insgesamt vollauf zufrieden, als in der Probe plötzlich mein Effektgerät, von dem ich die IR abspiele (Helix) komische Aussetzer hatte. Es half alles nichts, ich musste darauf verzichten und die Gitarre direkt in die DI-Box einstöpseln, war doch die Gefahr eines Aussetzers im Livebetrieb zu groß. Der sich dadurch einstellende Effekt war derart ernüchternd, dass ich am liebsten weggerannt wäre! Plötzlich klang meine Lakewood D35 custom, die „nur“ einen (zwar wirklich amtlichen) L.R. Baggs Piezotonabnehmer eingebaut hat, unangenehm „quäkig“ nach Piezo. Das hätte auch ein weitaus einfacheres Instrument sein können und von der üblichen akustischen Transparenz war eigentlich nicht mehr viel zu hören. Trotz allem eifrigen Bemühen, womit unser Techniker noch ein kleines Wunder bewirkte, und dem Wechsel auf eine Lakewood D14 mit LR Baggs Anthem (der ja zusätzlich ein eingebautes Mikrofon hat) war nun doch sehr viel weniger von dem offenen, runden und singenden Ton der akustisch gespielten Gitarre zu hören. In diesem Moment wurde mir bewusst, wie sehr ich mich an den neuen Klang mit IR gewöhnt hatte und wie weitreichend diese Entdeckung doch sein könnte. (Nebenbei sei erwähnt, dass die Reparatur meines Line 6 Helix Monate in Anspruch genommen hat, weil der Service alles Mögliche reparierte, damit aber nur die Kosten in die Höhe trieb. Schlussendlich hat Wolfram mein langjähriger Kollege, ein mit der Erfahrung eines Technik-Dinos gesegneter Ruheständler, das Problem im Netzteil gefunden und zu meiner großen Freude und Dankbarkeit behoben. Ich erwähne das nur, um zu zeigen, dass jedes komplexe Gerät natürlich auch potenzierte Fehlerquellen aufweisen kann.)

Hier kommt ein kurzes Beispiel, das ich auf die Schnelle in meinem Büro aufgenommen habe. Ich benutzte dazu meine Lakewood D35 custom mit LR-Baggs Piezo-Tonabnehmer, die ich mit Fingern anschlug. Ich nahm das nur ein einziges Mal gespielte Signal parallel mit meinem JZ Black Hole2 Großmembran-Mikrofon, mit meinem Line 6 Helix mit IR und als direktes Signal über meinen Lehle IQ DI-Preamp auf. Um zu zeigen, wie vorteilhaft ein eingebauter Studio-Hall sein könnte, hört man im Helix einen anderen Hall-Sound. Sicher kann man gerade die Aufnahme mit Mikrofon viel besser anstellen. Mir ging es einfach nur darum, die grundsätzlichen Klangunterschiede aufzuzeigen. Zuletzt habe ich das Signal von Mikrofon und Helix zusammengemischt, was dem Signal noch einmal etwas Frische hinzufügt.

  1. Lakewook D35 mit Mikrofon aufgenommen
  2. Lakewood D35 mit Piezo aufgenommen
  3. Lakewood D35 mit Piezo und IR (im Helix) aufgenommen
  4. Lakewood D35 mit Piezo und IR sowie Mikrofon aufgenommen

Ich habe natürlich auch diverse Geräte ausprobiert, die fest eingebaute vorgefertigte IRs abspielen können oder, wie im Falle von L.R. Baggs, mittels iPhone eine Aufnahme meiner Gitarre anfertigen, um dann die IR direkt von meiner persönlichen Gitarre zu erzeugen. Leider waren alle Versuche mit meinem Equipment für mich nicht so richtig überzeugend. Andere kommen zumindest in Youtube-Videos scheinbar zu besseren Ergebnissen. Wie auch immer, ich glaube, dass mit IRs ein Durchbruch für den verstärkten Akustikgitarrensound gelungen sein könnte und hoffe, dass wir immer weiter davon wegkommen, wo Akustikgitarre im Mix nur noch für den schimmernden Hauch zarter Obertöne gut ist. Interessanterweise hatte mir Frank Krocker von Frameworks Guitars schon vor knapp zwanzig Jahren neben eines seiner tollen Instrumente einen RMC Piezotonabnehmer samt PolyDrive II Preamp verkauft. Dort muss, ohne dass ich einen blassen Schimmer davon hatte, ein IR eingebaut gewesen sein, wie mir jetzt klar wird. Meine Antonius Müller S6 klang schon damals nicht nur akustisch besonders gut. Wie schön wäre es, wenn du beim Erwerb einer neuen Gitarre gleich eine passende Datei dazukaufen könntest, die deinen verstärkten Klang sofort belebt!

Die Akustikgitarre hat in der Worshipmusik enorme Bedeutung. Es ist sicher kein Zufall, dass Stars der Worship-Szene wie Brooke Ligertwood von Hillsong ein eigenes Sinatur Modell von Martin Guitars auf dein Leib geschneidert bekommen. Auch Stil-prägende Persönlichkeiten wie z.B. Brian Johnson, haben einen geradezu exklusiven akustischen Gitarrenton. In der Worshipmusik trägt die Kombination aus sphärischen Ambiensounds mit lebendigen Akustiktönen sehr dazu bei, dass man sich in Gottes Gegenwart öffnen und in seine Arme fallen lassen kann. Es wird Zeit, dass wir mit tollen akustischen Klängen der Worshipmusik noch etwas mehr Leben einhauchen! Martin Guitars hat zudem bereits Gitarren in Zusammenarbeit mit dem Tonabnehmer-Hersteller „Fishman“ entwickelt, die ein IR direkt in den Preamp der Gitarren eingebaut haben. Diese Impuls-Antwort wurde in Profistudios speziell mit diesem Gitarrenmodell aufgenommen, weshalb das Ergebnis logischerweise hervorragend mit dem Tonabnehmer zusammen passt. Das ist natürlich eine sehr komfortable Lösung. Auch unsere heimischen deutschen Hersteller dürften meiner Meinung nach an dieser Stelle gerne weiterexperimentieren, stellen sie doch traumhafte Instrumente mit herausragenden Klangeigenschaften her.

Für kleinere Events, die man z.B. nur mit Gitarre und Gesang durchführt, haben sich zudem speziell für diese Zwecke entwickelte Mikrofone etabliert. Zum Beispiel das „Ear Trumpet Labs – Edwina“ Großmembran-Mikrofon fängt den Klang vor dem Mikrofon (bis zu 45 cm weit) so großflächig ein, dass es geradezu maßgeschneidert für Singer-Songwriter zu sein scheint. Dabei macht es eine besonders gute Figur bei der Unterdrückung von Rückkopplungen auf der Bühne. Du kannst einfach deinen Tonabnehmer in der Gitarre sowie dein Gesangsmikrofon ignorieren und loslegen. Die Auflösung ist  außerdem so gut, dass manche Gitarristen dieses Mikrofon sogar im Studio verwenden. In der Bluegrass-Szene ist es von den Bühnen nicht mehr wegzudenken. Ganze Akustikbands werden häufig von einem Stereo-Set dieses Mikrofones abgenommen. Und das ist nur ein Beispiel unter vielen, das ich mit Sicherheit auch selbst noch ausprobieren werde.

Natürlich gibt es immer noch andere Spezialanwendungen, wie z.B. im „modern Fingerstyle“, wo perkussive Spieltechniken an der Akustikgitarre sehr aufwendig eingesetzt werden, dass eine ganze Batterie spezieller Tonabnehmer in das Instrument eingebaut werden muss. Ein unglaubliches Beispiel dafür ist die Sinature Gitarre des vielfach ausgezeichneten britischen Fingerstyle Gitarristen Mike Dawes, gebaut vom deutschen Gitarrenbauer Andreas Cuntz.

Letztlich brauchst du zu allererst natürlich eine gute Akustikgitarre! Was bei deinem Klang von vorn herein fehlt, kann auch nicht verstärkt oder hinterher hinzugemischt werden. Dann ist es sicher auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Je flexibler wir technisch agieren, desto weniger Probleme werden wir im Livebetrieb erleben. Deshalb habe ich neuerdings immer für Notfälle eine gute aktive DI-Box mit speziell an die Akustikgitarre angepasster Klangreglung  mit IR-Loader, einem kleinen Kompressror, Delay und Reverb im Gepäck, die ich notfalls (wenn z.B. mein Netzteil im Helix aussetzt) schnell anstöpseln kann.

Ich habe wirklich Lust mit vielen Akustikgitarristen diesbezüglich im Austausch zu stehen, um meinen eigenen Sound und natürlich den meiner Gegenüber immer mehr zu optimieren. Schreibe gerne dazu in die Kommentare oder gerne auch direkt eine E-Mail an mich. Mich interessiert, was deine Ideallösung ist!                                      

 Christian

Brückenläufer sein

Brückenläufer sein

Wie eine Einheit von Christen unser Land verwandeln könnte

„Jede Krise birgt auch eine Chance“ sagte einmal unser deutscher Bundespräsident Richard von Weitzsäcker, indem er sich auf das chinesische Schriftzeichen „Wei Ji“ bezog, was gleichzeitig „Gefahr“ und „Chance“ bedeutet. Letzte Woche schrieb ich gerade eine Email an die Mitarbeiter unseres Worshipnetzwerks, die nachdenklich, selbstkritisch aber auch sehnsüchtig und hoffnungsvoll war. Das nun schon einjährige Verbot und damit der Stillstand gemeinschaftlich gesungener Anbetungslieder in Kirchen reißt ein riesiges Loch in ein Herzstück der christlichen Glaubenspraxis. Zwar kann uns keiner verbieten, mit unserem Gott in Kommunikation zu treten, wir beten und meditieren, lesen Bibeltexte und hören Predigten an; doch bleibt der Lobgesang immer noch eine der emotionalsten Ausdrucksformen unserer Liebe gegenüber dem dreieinigen Gott. Wir vermissen dieses „Eins-werden“ im gesungenen Gebet, wenn man spüren kann, wie sich die Herrlichkeit Gottes auf eine Versammlung legt, Menschen innerlich und äußerlich frei werden und neue Ausrichtung erfahren. In Worshipzeiten dürfen wir den Frieden Gottes am eigenen Leib erfahren und neue Hoffnung schöpfen. Von Hoffnung können wir immer dann sprechen, wenn wir unsere Zukunft mit dem Wirken Gottes im Einklang sehen. Dem gegenüber steht die Angst, die immer Ausdruck eines Blicks in eine mögliche Zukunft ohne das Wirken Gottes ist. Wie sieht denn jetzt eigentlich die Gemeinde aus, die eine hoffnungsvolle Zukunft hat?

Ich bin mir sicher, wir werden wieder singen und Gott gemeinsam loben! Vielleicht viel intensiver als je zuvor! Als ich mir mit meiner Frau Tine im Januar einen Tag Zeit nahm, um gemeinsam Gott zu fragen, welche Vision er uns für das Jahr 2021 gibt, machten wir eine Tageswanderung durch unsere schöne Umgebung. In einem Wald sah ich eine große Hängebrücke, die Teil eines Hochseilgartens war. Ich hielt kurz inne und hörte Gott sagen: „ihr habt einige solcher Brücken und Wege rund um euer Basecamp angelegt, das ist gut. Jetzt sollt ihr sie freigeben, damit alle darüber laufen können. Ihr sollt auch ab jetzt auf den Brücken der anderen laufen“. Im weiteren Verlauf des Weges zeigte Gott uns, dass unser Basecamp, wir nennen unser Zuhause gerne die „Feuerwache“, dieser verspielte Ort der Freude, Gemeinschaft, der Anbetung und der Fürbitte ist. Es sah ganz so aus wie ein Waldkindergarten, ein Ort der Sicherheit mitten im Wald. Die kleinste geistliche Einheit ist eben die Familie. Danach kommt die Kleingruppe und die Gemeinde usw. Viele Menschen haben sich, genau wie wir, solche Basecamps angelegt. Es gibt Orte, an denen sich unser geistliches Leben zu großen Teilen abspielt. Gemeinden haben ihre eigene Kultur des christlichen Glaubens etabliert und vertreten ihre eigenen Überzeugungen. Das hat zur Folge, dass Gott sich auch in den verschiedenen Basecamps unterschiedlich zeigt, die Menschen also auch verschiedene Offenbarungen von ihm bekommen. Häufig endet das darin, dass eine Gruppe auf die Fehler der anderen deutet.

Irgendwie hat mich dieses Bild an eine Verfilmung von Robin Hood erinnert. Der starke ritterliche Arm des Gesetzes hatte das Gefolge Robins in den Wald getrieben. Dort suchten sie Zuflucht in Baumhäusern. Das Besondere an diesen Wohnungen im Wald war aber, dass sie durch unzählige Brücken und Baumkronenpfade verbunden waren und so die Gemeinschaft als echte Einheit stark machte. Wenn diese Leute sich jetzt hingestellt hätten, um sich gegenseitig zu beweisen, wieviel besser, schöner, gemütlicher, freundlicher, intelligenter und stabiler ihre eigene Behausung doch war, wäre ihre Situation aussichtslos gewesen. Viel genialer wäre doch, wenn man sich die guten Ideen gegenseitig zeigt und so voneinander profitiert und das gesamte Lager zu einer echten Festung ausbaut. Genau dieses Prinzip könnte auch den Kirchen in Deutschland und weltweit sehr hilfreich sein. Schließlich geht es nicht um die Baumhäuser, Kirchen, Kulturen oder Überzeugungen. Es geht um Jesus und unsere persönliche Beziehung zum dreieinigen Gott.

Wir als Worshipmusiker können uns dieses Prinzip vielleicht besonders gut anhand einer Band erklären. Nehmen wir z.B. mich, ich bin ein Gitarrist, der durch die klassische Ausbildung an der Uni gegangen ist, eine große Vorliebe für Fingerstyle-Gitarre hat und in jeder Form den vollen, orchestralen Klang von Akustikgitarren liebt. Sicher spiele ich in der Band auch Strumming-Passagen, es frustriert mich aber schon etwas, wenn ich das Gefühl habe, dass von meinem Sound in der Band lediglich ein Zischen übrigbleibt, aus dem man nicht einmal genau heraushören kann, welchen Akkord ich gegriffen habe. Ähnlich würde es Dede gehen, der ein begnadeter Bassist ist, jedes nur denkbare Solo spielen kann, wenn er dazu verdonnert würde, ausschließlich auf den Schlägen der Bassdrum zu spielen. Im besten Fall würde niemand bemerken, dass er mitspielt. Oder nehmen wir Thomas, der diese wunderbaren highspeed Soli auf der E-Gitarre spielen kann. Wenn er nur Ambient-Sounds spielen sollte, wie zufrieden wäre er am Ende des Abends. Auch Andi oder Markus, die einen ganzen Abend alleine mit ihren Keys abdecken könnten, wie gerne würden sie sich auf Pad-Sounds reduzieren lassen. Und sowieso, Drummer sind immer zu laut, und generell geht es eh nur um die Sänger. Reicht es nicht, wenn wir einfach ein Youtube-Video anmachen? Nein, nein und nochmals nein! Das sind natürlich alles nur Beispiele. Weder ist es hilfreich, wenn jeder immer nur sein eigenes Ding macht und die anderen ignoriert, noch hilft es, wenn sich jeder auf ein Minimum reduziert um den anderen in falscher Bescheidenheit zu dienen. Wir sollten unsere Stärken gegenseitig kennen und aufeinander abstimmen. Dabei kann man noch einiges voneinander lernen. Schließlich geht es darum, gemeinsam Jesus zu begegnen. Jeder kommt dabei völlig zum Zug. Keiner muss unbedingt so wie Hillsong, Bethel oder Elevation klingen.

Das gilt auch auf der geistlichen Ebene. Schaffen wir es mit unseren verschiedenen Graden/Ausprägungen/Schattierungen der Offenbarung Gottes, nebeneinander zu stehen, ohne uns gegenseitig zu verurteilen? Können wir vielleicht sogar voneinander profitieren und lernen? Immerhin haben wir die Bibel als Maßstab. Der Heilige Geist will uns anleiten und in jede Situation hineinreden. Außerdem kennen wir die Perspektive des Neuen Bundes. Das könnte an sich ausreichen, um nicht Gefahr zu laufen, vom richtigen Weg abzukommen. Wenn wir in diesem Sinne anfangen, Brückenläufer zu werden, wird unser Land eine krasse Wende machen! In einem Fantasy-Hörbuch, auf das Gott mich aufmerksam machte, kommen sogenannte „Wandler“ vor. Sie haben die übernatürliche Fähigkeit Licht in Materie umzuwandeln. Dabei kann jeder nur jenes Licht wandeln, was er auch an Farben differenziert wahrnehmen kann. So gibt es für die Spektralfarben jeweils verschiedene Wandler. Als Bichromat werden jene bezeichnet, die zwei Farben wandeln können, als Polychromat, die mit mehreren Farben. Das bringt es für mich auf den Punkt. Gottes Licht ist weiß! Es trägt alle Farben in sich, obwohl wir Christen oftmals nur einen Blick für eine oder zwei bestimmte Farben haben. Ich habe es selbst erlebt, wenn man gerade eine neue Ebene der Offenbarung Gottes für sich entdeckt, welche Abwehrhaltung das im eigenen Umfeld erzeugen kann. Keiner meint es böse, und doch erzeugt es Angst, Gott auf eine Art gezeigt zu bekommen, die einem fremd ist. Doch Gott ist noch viel mehr als wir uns vorstellen können. Er sprengt alle unsere Vorstellungskraft.

Ich kann ein Land sehen, in dem Christen aller Couleur nebeneinander stehen und Gott anbeten. Ich sehe ein Worshipnetzwerk, das unterschiedlichste Veranstaltungen durchführt mit verschiedenen Leitern, Musikern, Betern, Tänzern, Künstlern und an den unterschiedlichsten Orten. Ich sehe, wie Menschen ihr Leben in die Hände Jesu legen, weil sie spüren, dass diejenigen, die mit ihm leben, von Liebe angetrieben sind. Jede Begegnung mit ihm sollte eine heilvolle Begegnung sein. Wenn Menschen uns begegnen, sollten sie Jesus durch uns begegnen. Oh ja, ich habe wirklich Hoffnung für unsere Region, unser Land und unsere Welt. Hoffnung ist eine Zukunft, in der Sein Reich in unserer Mitte sichtbar wird und Sein Wille geschieht. Kommst du mit auf die Brücken der christlichen Baumkronenpfade? Hilfst du mit, Stück für Stück, die eigenen Wege für andere zu öffnen, ohne dass wir uns gegenseitig Druck machen müssen? Das wäre wunderbar. Es klingt doch gar nicht so schlecht, Brückenläufer zu sein, oder? Christus ist Auferstanden! Gesegnete Ostern 2021!

Christian

CHALIL – Worship in der jüdischen Musik

CHALIL – Worship in der jüdischen Musik

Der Profi-Oboist Peter Müntel auf biblischer Spurensuche nach seinen instrumentalen Wurzeln

Immer wieder werde ich gefragt, wie ich denn als klassischer Oboist zu israelischer Musik gekommen bin. Jetzt, nachdem ich über 40 Jahre im Berufsorchester gespielt habe und den Ruhestand genießen darf, kann ich ja mal ein paar Zeilen dazu schreiben.

Als Berufsmusiker, der schon mit 10 Jahren mit der Oboe begonnen hat, haut einem ja so leicht nichts mehr um. So viele Töne habe ich im Laufe meines fast 50 jährigen Musikerlebens schon gespielt. Aber immer wieder gibt es Momente die einem besonders bewegen:

Eines meiner eindrucksvollsten Klassik-Konzerte durfte ich nach dem Jahr 2000 in Israel erleben. Mit einem Barockensemble samt Kirchenchor aus dem Stuttgarter Gospelforum wurden wir für drei Konzerte von der Christlichen Botschaft in Jerusalem nach Israel eingeladen. Auf dem Programm stand Händels Messias. Es gehört schon zu den besonderen Erlebnissen eines Musikerlebens, dieses Werk in Israel spielen zu dürfen. Bei Händels weltberühmten „Halleluja“ stand im YMCA Theater Jerusalem plötzlich das gesamte Publikum auf und hob die Hände, Anbetung pur! Später gab es dann noch die  Arie: „Ich weiß dass mein Erlöser lebt“ (siehe Hiob 19,25) zu hören, das war unvergesslich. Als Zugabe spielten wir immer die Nationalhymne des Staates Israel, die Hatikva (Hoffnung), auch hier stand das komplette Publikum im Saal auf.

Gut kann ich mich auch noch an eine Begegnung in der Krypta, dem ältesten Teil des Bremer Domes, erinnern. Nach einem Klezmer-Konzert kam dort ein älterer Mann aus Israel sehr bewegt auf mich zu. Er nahm mich weinend in den Arm und berichtete mir, er sei zu dieser Zeit das erste Mal seit dem Holocaust wieder in Deutschland gewesen. Er war so dankbar, im heutigen Deutschland wieder auf jüdische Musik zu treffen. Das sind Momente, die bei mir ein Gänsehautgefühl erzeugen.

Vor ca. 30 Jahren wurden meine Frau und ich aktive Christen und begannen recht schnell unsere Gaben in verschiedenen Formationen der Lobpreisarbeit einzubringen.

Spannend war das Zusammentreffen von Popmusikern und einem „Klassiker“ wie mir. Zunächst war ich völlig überfordert, nach Leadsheets zu spielen, schließlich gab es da für mich nur einige harmonische Spielanweisungen. Ohne Noten war ich echt aufgeschmissen. Doch, es war sehr spannend, wie sich das Zusammenspiel dann weiterentwickelte.

Unser Freund, der E-Bassist Sigi Bohnert, wollte erfahren, wie man J. S. Bach mit seinem Instrument spielen kann, und mich interessierte die Improvisation. So haben wir uns im Keller seines Hauses getroffen und am Ende der Session die Ergebnisse aufgenommen. Sigi hatte Kontakt zu Andy Claus von „cap.music“ in Altensteig. Unsere Ergebnisse waren wohl recht gut. Andy rief einige Tage später an und fragte, wann wir zur Studio-Aufnahme kommen könnten. 

Und so haben wir unsere ersten CD´s aufgenommen, damals noch unter dem Namen INSPIRIT. Neben Lobpreistiteln gab es auch damals schon den einen oder anderen israelischen Titel. Zu dieser Zeit wurde ich neugierig, warum israelische Musik gerade mit der Oboe so gut klang. In den 90iger Jahren kam dann noch der Kontakt zum Dresdner Musikerkreis hinzu, einer super Truppe aus klassischen Musikern und Sängern der damals neuen Bundesländer, die sich über Jahre zur Musikerrüste in den christlichen Gästehäusern in der Rhön trafen. Dort bekamen meine Frau und ich viel Input zum Thema Israel.

Auf der Suche nach meinen instrumentalen Wurzeln wurde ich dann im Alten Testament fündig. Dort wird im Urtext immer wieder von einem Blasinstrument mit dem Namen CHALIL gesprochen. Martin Luther hatte dieses Instrument mit „Flöte“ übersetzt.

Zur Zeit der Bibel, dem antiken Israel, war die CHALIL eines der populärsten Instrumente im weltlichen wie auch im religiösen Leben. Die CHALIL wurde als ein anregendes Instrument angesehen und zum Ausdruck besonderer Freude und Fröhlichkeit gespielt, so zum Beispiel bei Hochzeiten oder öffentlichen Prozessionen der Pilger. Gleichzeitig wurde der Klang der CHALIL für den Ausdruck starker Trauer und Leidens genutzt und war etwa bei Beerdigungen zu hören.

In der Bibel finden wir genauere Angaben zur CHALIL z.B. in 1Sam 10,5 „einer Schar von Propheten begegnen, … und vor ihnen her Harfe und Tamburin und Flöte (Chalil) und Zither, und sie werden weissagen“ (ELB), 1Kö 1,40 „und das Volk blies mit Flöten (Schalmeien) und war sehr fröhlich, sodass die Erde von ihrem Geschrei erbebte“ (LUT) oder Jer 48,36 „klagt mein Herz über Moab wie Flötenklage (Schalmeien-Klage) (LUT)

Die Bauweise der CHALIL war ähnlich der griechischen AULOS oder der arabischen MUZMAR. Der Ton war scharf und penetrant. Man erzählte in überspitzem Sinne, wann immer die CHALIL im Tempel zu Jerusalem geblasen wurde, sei ihr Klang bis Jericho zu hören gewesen.

Somit lag es nahe, mich mit der Klezmer Musik auseinanderzusetzen. Klezmer gilt als die Festmusik der osteuropäischen Juden. Da aber jüdische Feste fast immer auch biblische Feste sind kommt man unweigerlich den alten Schriften, Liedern und Psalmen zur Zeit David näher. Mit dem aramäischen Wort „kley zemer“ verbindet sich die Vorstellung, der „Klezmer“ sei kein eigentlicher Musiker, sondern ein Werkzeug, durch das sich Gott direkt mitteilen kann.

Der ganze Mensch singt zur Ehre Gottes, etwa mit der Stimme aber auch mit seinem Instrument, das damit ein Musizierwerkzeug des Heiligen Geistes ist. Schauen wir in den Psalm 150, hier wird das ganz deutlich. Dieser Psalm beginnt mit „Halleluja“, das bedeutet wie wir alle wissen, Gott loben, ja sogar verschwenderisch das Lob Gottes ausschütten. „Lobet den HERRN in seinem Heiligtum, für seine Taten, in seiner großen Herrlichkeit“. Aber womit? Mit einer Vielzahl von Instrumenten wie Pauken, Posaunen, Saiten und Chalil/Pfeifen, und natürlich Gesang: „Alles was Odem hat, lobet den Herrn“.

 König David organisierte zu seiner Zeit die Instrumentalbegleitung in der Stiftshütte und teilte dafür tausende Musiker ein. Diese Einrichtung bestand im Tempel, den sein Sohn Salomo erbaute, weiter, wie wir z.B. in 1Chron 23,5 lesen:  „4000 Sänger des HERRN mit Saitenspielen, die ich zum Lobgesang habe machen lassen.“ (LUT)

Jüdische Melodien und der „sprechende Instrumentalstil der jiddischen Klezmer von heute ist geprägt von jauchzenden und seufzenden Tönen, voller Sehnsucht, Trauer aber auch mit Humor und unbändiger Lebensfreude.  Ich finde, die modere Oboe ist, gerade aus der Sicht der 3000 – 4000-jährigen Geschichte, besonders zur Interpretation israelischer Musik geeignet. Im Gegensatz zur ca. 300 Jahre jungen Klarinette, dem vielleicht populärsten Holzblasinstrument in der Klezmerszene, gibt es nur wenige Oboeninterpreten die sich das Erbe der CHALIL zu Nutze machen. Mir macht es einfach Freude, die Klangfarben und Modulationsmöglichkeiten einer Oboe für israelischer Musik einzusetzen.

In den folgenden Youtube-Clips kann man in die Aufnahmen der Titel “Mazeltov” und “Gnädig und barmherzig ist der Herr” von Chalil reinhören:

 

Themen wie die Sehnsucht nach Jerusalem, Psalme und Gebete mit und ohne Worte (Nigunim) oder aber fröhliche Tänze vor der Klagemauer werden plötzlich lebendig und erfahrbar. Das kann unserer heutigen Anbetungspraxis sehr nützlich sein, wenn wir sie um diese Erfahrungen erweitern. Vielleicht erinnern die Klänge an die Zeiten Salomos  vor 3000 Jahren.

Es gibt noch so viel zu berichten, aber am schönsten ist es, die Musik live zu hören und einfach mit einzutauchen. Ich schreibe diese Zeilen im April 2020, zur Zeit der weltweiten Corona-Krise, in der es in Europa keine Gottesdienste oder Kirchenkonzerte geben darf. Darum freue ich mich besonders, auf diese Weise mit euch in Kontakt zu treten. Hoffentlich können wir demnächst wieder gemeinsam anbeten. Ich plane z. B. zusammen mit Christian und einer Band aus dem Worshipnetzwerk auf einem der nächsten Grace-Festivals zu spielen. Die Gnade Gottes sei mit uns allen!

Am 31.01.2021 war ich zu Gast auf BibelTV in der Sendung “Stunde des Höchsten” mit dem Fernsehpfarrer Heiko Bräuning. Hier könnt ihr ein spannendes Interview verfolgen, warum ich als Christ jüdische Musik spiele:

SHALOM und Gottes reichen Segen für euch

 Peter Müntel

Die Klangkultur des Himmels

Die Klangkultur des Himmels

Wie klingt Anbetung im Himmel – oder gibt es einen Klang, der Gott besonders wohlgefällig ist? Gedanken für Menschen, die es lieben, ihren Blick zu weiten und über den eigenen Horizont hinaus zu schauen.

Für sich betrachtet könnte die Überschrift dieses Artikels durchaus fragwürdig klingen. Ist der Himmel jetzt das Weltall, die Atmosphäre der Erde oder ein rein geistlicher Ort? Da im Weltall ja ein Vakuum vorherrscht, dürfte die Frage nach Klang oder Schallausbreitung recht schnell beantwortet sein (was im Übrigen ja auch für einen möglichen Urknall gelten müsste). Selbst, wenn alle Fragen zu den akustischen Gegebenheiten geklärt wären, bliebe die Wahrnehmung von Klang bei Menschen doch sehr individuell und, abhängig von den eigenen Erlebnissen, auch subjektiv. Sollte man da wirklich von einem Klang reden, wie er von Gott aus gedacht war? Schaut man andererseits aber in der Bibel nach, sind verschiedene Belege zu finden, in denen Engel, die Wesen des Himmels, sowohl vor Gottes Thron, als auch auf der Erde ihre Anbetung durch Musik ausdrücken. Von Mose über David wurden stets Menschen von Gott inspiriert, Instrumente zu erschaffen, mit denen er gepriesen werden sollte. Es besteht also kein Zweifel daran, dass Musik ein grandioses Meisterwerk der göttlichen Schöpfung ist.

Grundsätzlich können wir den Klang auf verschiedenen Ebenen untersuchen. Von außen betrachtet geht es erst einmal um die Physik des Klangs hier auf unserer Erde. Dafür wurde sie ja allem Anschein nach erschaffen, wie auch immer die physischen Gegebenheiten im göttlichen Himmel sein mögen. Da Musik aber eine Kunst ist, die scheinbar direkten Zugriff auf unsere Emotionen hat, darf dieser Bereich bei der Analyse von Auswirkungen des Schalls nicht fehlen. Gerade im Worship kann man erleben, wie sehr durch Musik Emotionen im Körper ausgelöst werden und gleichzeitig auch geistliche Prozesse in Gang kommen. Wie bei David im Alten Testament scheint Musik bis in die Tiefen der unsichtbaren Welt vorzudringen und sogar böse Mächte zu vertreiben. Sogar Musiktherapie verzeichnet Erfolge, obwohl sie ohne einen gezielten Blick auf die geistliche Ebene praktiziert wird. Die göttlichen Prinzipien funktionieren scheinbar auch, wenn Menschen an der Existenz des Schöpfers zweifeln.

Alles beginnt also mit einer Schwingung. Sehen wir einmal von der elektronischen Klangerzeugung ab, wird sie durch eine manuelle Bewegung erzeugt, die in direkter Abhängigkeit zu den Naturgesetzen aus Gottes Schöpfung steht. Sicher passen da auch elektronische Klänge irgendwie mit hinein, wovon ich aber an dieser Stelle zunächst einmal absehen möchte. Ob nun eine Luftsäule, eine Lippe, Saite, ein Fell oder sogar ein ganzes Instrument in Schwingung gerät, es entsteht eine Kettenreaktion mit den Luftmolekülen. Kraftwirkungen und Widerstände folgen dabei strikt den von Gott festgelegten Gesetzmäßigkeiten. Da Gott, als er die Erde erschaffen hatte, alles mit „sehr gut“ bewertete, muss ich davon ausgehen, dass die Akustik ebenfalls auch heute noch dieser brillanten Schöpfung zu verdanken ist und ihren Anweisungen folgt.

Schwingungen wirken sich auf Substanzen und Materialien aller Aggregatzustände aus, ja, sie interagieren mit ihnen. Das kann man sehr schön anhand des Zusammenspiels verschiedener schwingender Elemente am Instrument beobachten. Bringt man z.B. eine Gitarrensaite zum Schwingen, wird diese Frequenz (Schwingung pro Sekunde) auf den Steg, den Hals und den gesamten Resonanzkörper übertragen. Die Saite an sich erzeugt eine konkret feststellbare Tonhöhe abhängig von Saitenstärke, -länge und –spannung. Die Klangfarbe hingegen wird zudem massiv von den mitschwingenden Elementen beeinflusst. Jedes Material hat dabei unterschiedliche Schwingungseigenschaften. Es entsteht ein Potpourri aus Tönen und Obertönen, die zusammen den Klangcharakter, also die wahrnehmbare Frequenz mit all ihren Obertönen, eines Instrumentes prägen. Beim Stimmen einer Trommel kann man dann noch eine weitere interessante Feststellung machen. Spannt man das Fell gleichmäßig rundherum immer mehr, kommt man an einen Punkt, an dem die Trommel plötzlich eine besondere Klangfülle hervorbringt, weil scheinbar die Frequenz den jeweils eigenen Schwingungseigenschaften der Bauteile sehr entgegen kommt. In der sogenannten Eigenresonanz eines Bauteils erlebt man diese besondere Klangfülle.

Hinzu kommt, dass ein Instrument nicht in jedem Raum gleich klingt. Das klangliche Erlebnis wird durch die Schallwirkungen im Raum massiv beeinflusst. Hierbei muss zwischen Direktschall, früher Reflexion und Nachhall unterschieden werden. Im Gegensatz zur Sprache, die um der Verständlichkeit Willen gerne ohne viel Nachhall auskommt, klingt es für unsere Ohren oft angenehmer und natürlicher, wenn Musikstücke durch die Klangreflexionen an Wänden oder einen künstlich erzeugten Nachhall räumlicher klingen. Außerdem kann es auch dem Zusammenspiel dienlich sein, da kleine Ungenauigkeiten etwas ausgeglichen werden. So verträgt beispielsweise ein großes Orchester einen größeren Nachhall als ein kleines Kammerorchester.

In jedem Fall möchte man zum Genießen von Musik störende Frequenzen wie ein Dröhnen durch Überlagerung von Frequenzen oder Schnarren durch das ungewollte Mitschwingen von Bauteilen und andere Störgeräusche vermeiden. Selbst wenn eine moderne Tendenz auf Ausstellungen und Instrumentenmessen hin zu Silent-Konzerten, an denen die Zuhörer ausschließlich über Kopfhörer teilnehmen können, festzustellen ist, muss uns doch klar sein, dass ein Kopfhörer zwar störende Geräusche ausblenden kann, niemals aber mit seinem kleinen Lautsprecher das volle Frequenzspektrum eines akustischen Instrumentes widergeben kann. Schon ein Saal, der durch eine große FOH-Anlage beschallt wird, hat gegenüber Kopfhörern Vorteile. Zum einen nehmen wir Musik nicht ausschließlich über die Ohren wahr, was insbesondere die Bassfrequenzen betrifft, die über etliche Rezeptoren des Körpers aufgenommen werden. Andererseits können größere Lautsprecher durch die mechanischen Vorteile besser ein großes Frequenzspektrum abdecken, ohne jedoch gänzlich identisch klingen zu können.

Sicher neigen wir an dieser Stelle dazu, nicht weiter nachzufragen, sondern unser Herz, als das Zentrum aller Gefühle von Körper, Seele und Geist, als Maßstab zu nutzen. Das ist natürlich auch richtig, denn ohne Liebe und echte Gefühle kann die beste Akustik der Welt nicht wirksam sein. Wenn Schwingungen aber Emotionen auslösen können, muss doch eigentlich die Frage erlaubt sein, ob es bestimmte schöpferische Frequenzen gibt, die auf besondere Resonanz mit der Welt, unseren Emotionen und unserem Geist stoßen. An diesem Punkt trifft man dann auf bemerkenswerte Aussagen von Wissenschaftlern und Begeisterten, die ich gerne im Folgenden kurz zusammenfassend schildern möchte:

Seit im Jahr 1939 auf der Stimmtonkonferenz der „International Federation oft the National Standardizing Association“ in London die Frequenz des Kammertons (die wohltemperierte Stimmung folgt diesem Referenzton, auf den z.B. ein Orchester gestimmt wird) a1 scheinbar wahllos auf 440Hz festgelegt wurde, gibt es Kritiker dieser Praxis. Was einer internationalen Vereinheitlichung der Stimmung von Instrumenten diente und das weltweite Miteinander im Musizieren erleichtert, scheint aufgrund der festgelegten Frequenz wissenschaftlichen Erkenntnissen zu widersprechen. Es wurde bewiesen, dass die alten Hebräer, Ägypter und Sumerer ihre Instrumente jedoch auf a1= 432 Hz stimmten. Schon Pythagoras und Platon hatten in der Antike Rechenmodelle der Harmonik eingeführt, die dem zustimmten. Auch der berühmte deutsche Physiker Johannes Keppler stimmt mit dem Grundgedanken der Harmonik überein, dass die Natur, also auch unsere Körper, in ihren natürlichen Proportionen denselben Naturgesetzen folgen wie die Musik. Das hat zur Folge, dass Menschen, Tiere und Pflanzen mit Musik in Resonanz gehen.

Vor der Festlegung auf 440 Hz wurden Instrumente in der Regel tiefer eingestimmt. So hatte sich auch in Europa die von Joseph Saveur (1653-1716) errechnete Frequenz von a1=432 Hz etabliert (in Frankreich wich man mit 435 Hz nur leicht davon ab). Auch Ernst Florens Friedrich Chladni (1756-1827) und Dr. Rudolf Steiner (1861-1925) bestätigten diese Frequenz wissenschaftlich. Saveur begründete seine These mit der festgestellten untersten Wahrnehmungsgrenze des Ohres von 16 Hz. c1 wäre somit aufbauend auf dieser Frequenz bei 256 Hz und a‘ bei genannter Frequenz von 432 Hz (eine Oktave verdoppelt die Frequenz immer). Das C als Grundton der modernen Musiktheorie und Ausgangspunkt für den Quintenzirkel wäre somit immer in ungebrochenen Frequenzen (C6= 1 Hz, C5= 2 Hz, C4=4 Hz, C3= 8 Hz, C2= 16 Hz, C1= 32 Hz, C= 64 Hz, c= 128 Hz, c1=256 Hz, (a1= 432 Hz), c2= 512 Hz, …), während bei einer Grundstimmung von a1= 440 Hz Werte wie 1,02 , 2,04 bis 523,25 herauskämen. Rudolf Steiner bewies sogar in den 20er Jahren, dass c= 128 Hz die Prim aller Tonleitern des Quintenzirkels ist, also alle Töne der Dur und Molltonleitern in einem natürlichen Intervallverhältnis zum diesem Grundton stehen, was nicht für eine Stimmung mit a1= 440 Hz zutrifft. Er leitete daraus ab, dass diese c1=128 Hz-Stimmung die Förderung körperlicher und seelischer Entspannung, sowie die Stimmungsaufhellung, die Auslösung des Gefühls des inneren Berührt Seins auslöse, dass Musik mehr gefühlt als gehört werden könne und man mit den eigenen Gefühlen stärker in Kontakt komme beziehungsweise in ein inneres Sich-Öffnen für Entwicklungs- und Heilungsprozesse eintrete. Steiner behauptete, dass eine Anhebung dieses Kammertons zu seelischen Schäden führen könne. In der Gier nach Brillanz weicht man heute aber immer weiter davon ab. So gibt es Sinfonieorchester wie z.B. in New York, die ihre Instrumente standardmäßig auf 450 Hz einstimmen.

Saveur bewies, dass sich aus dem c1 mit 256 Hz die natürlichen Schwingungszahlen der Stimmlippen und der Lippen beim Spielen von Blechblasinstrumenten ableiten lassen. Zudem konnte er auch beweisen, dass sich daraus alle Eigentöne mitschwingender Resonanzen der Hohlräume im menschlichen Körper ableiten lassen. Dies war sogar bei minimalen Lautstärken zu verzeichnen. Andere Wissenschaftler zeigten, dass das cortische Gleichgewichtsorgan im Innenohr auf c= 128 Hz schwingt, weshalb Neurologen Stimmgabeln von 128 und 256 Hz benutzen. Ich will gar nicht so weit wie manche Autoren gehen, an dieser Stelle noch die Schumann-Frequenz zu bemühen, die in etwa bei 8 Herz schwingt und die stehenden Wellen zwischen Erdhülle und Ionosphäre beschreiben. Auch will ich keinesfalls irgendwelchen Verschwörungstheorien Raum geben, doch verdient dieses Thema meiner Meinung nach Beachtung, insbesondere, wenn man mit der Musik eine Basis für die Begegnung mit Gott schaffen möchte.

Als im Jahr 1953 die Frequenz von 440Hz zur ISO-Norm erhoben wurde, gab es Proteste von Musikern. Eine Petition von 40000 Musikern scheiterte jedoch. Auch berühmte Musiker wie z.B. Luciano Pavarotti, Placido Domingo, Montserrat Caballe und Richard Strauss fordern immer noch die Regulation dieser Frequenz ein. Auch berühmte Musiker wie z.B. die Gitarristin Ana Vidovic stimmen ihr Instrument auf den Kammerton von 432Hz. So hat auch der promovierte rumänische Forscher und Dirigent Ivan K. Yanakiev das „432-Hz-Orchestra“ gegründet. Er sagte, als er zum ersten Mal seinen Cellisten bat, sein Instrument auf den Kammerton 432 Hz einzustimmen: „ Es war, als würde ich die Stimme Gottes vernehmen“ …“als würde pures Licht und pure Liebe durch den Raum schwingen“. Ein am eigenen Instrument durchgeführtes Experiment führte bei mir zu zugegeben überraschenden Ergebnissen. Selbst wenn ich Parameter wie die geringere Spannung der Saiten meiner Gitarre mit einbeziehe, würde ich die Stimmung auf den Kammerton mit 432Hz als außerordentlich harmonisch und friedvoll bezeichnen. Meine Gitarre fühlte sich an, als würde sie stärker resonieren, das war zumindest der erste Eindruck nach 3 Wochen.

Klangtherapeuten wie Georg Maier beziehen das „seelische Verstimmt Sein“ eindeutig darauf, dass wir uns Frequenzen aussetzen, die unser Gehirn erst umrechnen und zurechtrücken muss, was mit einem inneren Stress einhergehe. Er führt das darauf zurück, dass auch unser Zellwasser bestimmte Eigenresonanzen hat, in denen sie harmonisch schwingen können, unser Gehirn aber Fehler mit reiner Denkleistung korrigieren kann. Könnte es also sein, dass auf der Basis der von Gott bis ins kleinste Detail durchdachten Schöpfung auch Frequenzen in der Musik in besonderem Einklang mit der Schöpfung stehen, die besondere Harmonie und Frieden bei uns auslösen?

Auch wenn wir die zweite Ebene der Klangwirkung in den Blick nehmen, seinen scheinbar direkten Einfluss auf unsere Emotionen, finden wir passende Ausführungen. Prof. Stefan Kölsch beschreibt in seinem Buch „Good Vibrations“, dass Musik in Form von „in einer Gruppe gemeinsam den Takt halten“, die einfachste mentale Funktion ist, die uns Menschen von Tieren unterscheidet. Ich würde sagen, dass Gott Musik für den Menschen und die Wesen des Himmels erschaffen hat. Musik hat durch seine starke Wirkung auf unsere Emotionen Einfluss auf unsere Gedanken. Es ist klar erwiesen, dass Menschen, die vorwiegend positive Gedanken hegen, länger leben, also gesünder sind. Klangforscher ermutigen deshalb, Musik zu benutzen, um auf bessere Gedanken zu kommen. Auch wenn das Erleben von Musik, wie oben bereits erwähnt, eine starke subjektive Komponente hat, sind es doch zumindest in unserem westlichen Kulturkreis bestimmte Parameter, die z.B. in Filmen dazu benutzt werden, Gefühle hervorzurufen. Wie in der Musiktheorie beschrieben dienen besonders warm und voll klingende Harmonien der Dur-Tonika (Durakkord auf dem Grundton der Tonart), um besonderen Frieden und Freude zu erleben. Rhythmus und Tempo beeinflussen eindeutig mit langen friedlichen Klängen bis hektischen schnellen Tonfolgen unseren Puls, während Melodieverläufe, ähnlich der Betonung unserer Sprechmelodie von heiter bewegt bis mutlos eintönig oder absteigend deprimiert klingen können. Die Harmonie kann durch reibende, störende Töne starken Einfluss auf die empfundene Dramatik nehmen. Kölsch beschreibt zudem, wie unsere Gehirnfunktionen besonders durch Melodien zu Hochleistungen angespornt werden. So brachten polyphone klassische Musikstücke in diesem Zusammenhang besonders beachtliche Ergebnisse hervor. Beobachtet man Instrumentierung und Klangfarben von Filmmusiken, so erkennt man deutlich die Diskrepanz zwischen akustisch reinen tonalen Klängen und geräuschhaft verzerrten Klängen. Ich wage nicht, das jetzt genau zuzuordnen, und doch darf unser Focus gelegentlich auch im Worship darauf gerichtet sein, welche Emotionen mit dieser Art von Musik eigentlich gefördert werden oder besser, ob wir eigentlich spielen, was wir fühlen. Gerne finde ich neben den wunderbaren großen Strömungen der prägenden Megabands auch immer wieder Raum für zarte akustische Klänge und kleine Besetzungen, um eine Vielfalt von Ausdrucksweisen der Worshipmusik zu beflügeln.

Bleibt also der Blick auf die geistliche Ebene. Aller Akustik zum Trotz finden wir in der Bibel Stellen, in denen die Anbetungsmusik der Priester für Gott wie Lärm wirkt. Egal in welchen Frequenzen Instrumente auch klingen, praktizieren wir unsere Anbetungsmusik nicht aus Liebe und ist sie nicht auf die Herzfrequenz des Heiligen Geistes eingestellt, kommt nur Lärm dabei heraus. Deshalb kommt diesem Bereich die größte Bedeutung zu. Wir sollen in Wahrheit und im Geist anbeten. Anbetung drückt unsere Liebe zu Gott aus. Wenn wir das in einem Moment nicht fühlen können, brauchen wir Hilfsmittel, um den liebevollen und gnädigen Charakter Gottes wieder zu erkennen. Der Prophet Elisa erkannte, dass, wenn er Gottes Stimme gerade nicht hört, die Anbetungsmusiker mit den Saiteninstrumenten helfen würden. So war es dann auch. Instrumente und Musik können an dieser Stelle vielleicht auch gelegentlich wie Sprungschanzen wirken, die uns in höhere Gefilde katapultieren. Gottes Gegenwart ist schließlich immer da. Damit sie sich manifestiert, müssen wir aber unsere Seele mit Emotionen und Gedanken auf ihn einstellen. Er hat Segnungen für uns vorbereitet. Es könnte ein weiterer kleiner Schritt in die Gegenwart Gottes sein, wenn wir uns vom Heiligen Geist leiten lassen, eine Klangkultur des Himmels zu praktizieren. Wie auch immer sich das im speziellen Fall auch darstellen wird. Ich will jedenfalls alle Möglichkeiten ausprobieren, immer mehr im Einklang mit Gott zu musizieren. Inwiefern uns die gezielte Stimmung unserer Instrumente da weiterhelfen wird, bleibt auszuprobieren. Wenn es dir ähnlich geht, wäre ich über Rückmeldung sehr erfreut!

David Senz und Martin Guitars in Gießen

David Senz und Martin Guitars in Gießen

Simon Bender aus dem Worshipnetzwerk organisierte im Rahmen einer Workshopreihe des Musikhauses Schönau in Gießen einen Abend zum Thema “Akustik Gitarre”. Am Samstag, den 31.08.19, lud er dazu die Firma Martin Guitars ein, um deren Werdegang, ihre Philosophie des Instrumentenbaus und aktuelle Entwicklungen vorzustellen. Florian Jenisch, der Repräsentant des deutschen Vertriebes, reiste gemeinsam mit dem Sales Manager für Europa, Steve Harvey, und dem christlichen Fingerstyle-Gitarristen David Senz an.

In gemütlicher Runde, mitten in der Abteilung für Akustikgitarre, konnten dann einige der Schmuckstücke aus dem Hause Martin bestaunt und getestet werden (ich habe mich persönlich sehr in die OMJM, das Sinaturmodell von John Mayer, verliebt). Nach einem musikalischen Intro folgte eine intensive Talkrunde, in der besondere Momente der Entwicklungsgeschichte des Gitarrenbauers Christian Friedrich Martin Sen. aus Markneunkirchen und dessen Nachkommen beleuchtet wurden. Der gelernte Schreiner wechselte zum Instrumentenbau und war dabei sehr experimentierfreudig, wurde dafür aber von seinen Kollegen auf Distanz gehalten und wanderte in die USA aus. Dort baute er die Stahlsaitengitarre und entwickelte Modelle (0, 00, 000 Dreadnought…), die seit knapp 180 Jahren die Welt des Instrumentenbaus auf den Kopf stellten. Kein anderer Hersteller konnte seitdem die Welt der Sahlsaitengitarre stärker prägen.

Bei Snacks und Getränken konnten im Anschluss Eindrücke ausgetauscht und Fragen besprochen werden. Anschließend übernahm David Senz mit einigen Musikstücken aus seinem Fingerstyle-Repertoire (was ich persönlich leider aufgrund eines familiären Notfalls zum größten Teil verpasste). Aufgrund von besteiterten Berichten und meinen eigenen Eindrücken von seinen CDs weiß ich aber, dass er ein außerordentlich talentierter Gitarrist ist, dem es gelingt, mit Klängen Bilder zu malen und Stimmungen zu erzeugen. Im anschließenden Gespräch wurde deutlich, wie sehr David neben seiner Arbeit als Lobpreisleiter auch sein konzertantes Musizieren als Anbetung versteht. Seine Lieder “erzählen von Gottes Schönheit, Sonnenaufgängen, guten Zeiten und schaffen einen Raum zum Ausruhen”, so beschreibt er es selbst. Besonders sprechen mich bezeichnender Weise die Lieder “Beauty, Resting place, O Haupt voll Blut und Wunden und In your presence” an. David erzählte von Konzertreisen nach Indien, bei denen er gemeinsam mit einem Pastor Gemeinden besuchte und Workshops leitete. Besonders beeindruckt war er von der lebendigen Kraft Gottes, die dort zu erleben war.

Das ist es, worum es im Wesentlichen geht! Und ich bin davon überzeugt, dass Gott im deutschsprachigen Raum ebenso wirken möchte! Lasst uns Abende wie diesen als Ermutigung auffassen, Musik zur Ehre Gottes zu spielen und Großes von unserem gnädigen Gott erwarten. Dabei dürfen wir, wie schon David, durchaus auch schön spielen und tolle Instrumente benutzen, es sollte aber niemals unser Hauptfocus werden. Ich bin sehr froh, dass der Abend aufgezeichnet wurde und hoffe, man kann in Zukunft dieses besondere Video genießen. Wir bedanken uns in aller Form bei Simon Bender und dem Musikhaus Schönau, sowie den Mitwirkenden von Martin Guitars und natürlich bei David Senz für einen wunderbaren und inspirierenden Abend.

David Senz mit seiner Martin OM
Ausschnitt Konzertgitarre

Musik wie bei David

Wie wäre es, wenn wir uns bei den Arrangements unserer Anbetungsmusik vom Heiligen Geist leiten lassen würden? Könnten wir, anstatt immer perfekter nachzuspielen, vielleicht eigene kreative Momente durch Gottes Leitung freisetzen, die besondere Begegnungen mit ihm ermöglichen?

Ich liebe Worshipmusik und habe zuhause dicke Ordner mit Noten von Anbetungsliedern stehen. Die Songs, die mir persönlich am meisten zusagen, und die ich damit auch regelmäßig hervorhole, haben meistens auch eine besondere Message, die bei mir etwas auslöst. Zunehmend ist mir aufgefallen, wie stark unsere Worshipabende doch von den großen professionellen Labels sie Hillsong oder Bethel beeinflusst sind. Und das ist natürlich auch toll. Der englische Markt ist dabei aber eigentlich unüberschaubar, wobei im Vergleich dazu die angebotenen deutschsprachigen Lieder doch von wenigen Personen ins die Systeme eingespeist werden. Der Chefredakteur von ERF-Pop, den ich durch einen Praktikusmbesuch bei einem meiner Schüler sprechen konnte, erklärte, dass viele deutsche Produktionen eben nicht die professionelle Qualität mit sich brächten, die für das Radio notwendig wäre. Vielleicht ist das eine etwas subjektive Wahrnehumung aber mir erscheint doch die derzeit auf die Bühne gebrachte Worhsipmusik häufig sehr ähnlich zu klingen. Es haben sich Balladen mit Pianobegleitung, Singer-Songwriter mit Akustikgitarre oder dann eher pompösere Bandgeflechte etabliert. Und mir gefällt das alles!

Als ich vor ein paar Wochen in einer Zeit der Anbetung Gott fragte, wie ich jetzt eigentlich in der Anbetung weiter musizieren soll (ich sehene mich immer wieder nach neuen Inspirationen), kam plötzlich eine interessante Antwort in meinem Inneren an: “Spiele so, dass es klingt, als würde David mit seiner Harfe spielen!”. Ich dachte, OK, ich bin Gitarrist – damit kann ich vielleicht etwas anfangen. Überraschenderweise sah in dieser Zeit einen Harfenisten auf einen Markt spielen und im Fernsehn einen klassischen Harfenisten mit einem Soloprogramm spielen. Beides löste bei mir echte Emotionen aus! Wäre es nicht wunderschön, wenn wir die Teilnehmer an Anbetungsveranstaltungen mit den unterschiedlichsten Arten von emotionalen Arrangements überraschen würden? Das wäre ganz im Sinne von “Psalter und Harfe wacht auf!”.

Ich habe also gestern angefangen, mit meiner Loopstation zu experimentieren. Zuerst spielte ich “Lobe den Herren” in meiner Fassung für Sologitarre. Anschließend fügte ich etwas Klang mit einer zweiten Gitarre in DADGAD-Stimmung hinzu. Zum Schluss fügte ich kleine Melodiepassagen mit meiner Konzertgitarre ein. Keine Ahnung, ob euch das zusagt – ich folgte einfach einer Inspiration. Da ist kein hoher Anspruch für Perfektion. Hör doch gerne mal rein. Ich würde sehr gerne mit euch in einen Dialog treten. Toll wäre, wenn verschiedene Musiker ihre eignen Bearbeitungen anbieten und zur Diskussion stellen würden. Lass dich inspirieren! Gerne laden wir es hier auf der Seite hoch, um gegenseitig voneinander zu profitieren.

Lobe den Herren mit Gitarren

Die richtige Akustikgitarre

Die richtige Akustikgitarre

Am vergangenen Wochenende hatte ich endlich wieder einmal die Gelegenheit unseren Freund Ren Ferguson zu treffen. Auch wenn er wenig Aufsehen um seine Person macht, ist er doch einer der legendärsten Girarrenbauer für Akustikgitarre, die auf diesem Planeten herumlaufen. Hat er doch Jahrzehnte lang den Customshop von Gibson Guitars geleitet und sämtlichen herausragenden Modellen seinen akustischen Stempel verpasst. Er könnte eine endlose Liste der“ Who is who“ der Gitarrenszene schreiben, für die er eine Gitarre maßschneiderte, und Experten reiben sich die Hände, wenn sie eines dieser Schmuckstücke in die Finger bekommen.

Ren ist aber nicht nur ein herausragender Künstler seines Handwerks, er greift mit seinen nun 73 Jahren immer noch gerne selbst in die Saiten und ist ebenfalls ein erfahrener Worshipleiter. Als wir uns durch eine göttliche Fügung kennenlernten, die Familie der besten Freundin unserer Tochter ist rein zufällig seine direkte Verwandtschaft, merkten wir gleich, wie sehr sich unsere Interessen überschneiden. Wir tauschen uns gerne aus, stehen gegenseitig im Gebet füreinander ein und diskutieren natürlich über Akustikgitarren.

Das gab mir die Gelegenheit, auch im Interesse der Akustikgitarre spielenden Gruppe von Worshipmusikern einige Fragen zu stellen. Grundsätzlich empfiehlt Ren Ferguson jedem Gitarristen, sich eine Gitarre zu kaufen, die man in jeder Hinsicht schön findet. Natürlich liegt da sein erster Fokus auf klanglichen Eigenschaften und der guten Bespielbarkeit. Dabei würde Ren unbedingt davon absehen, sich in erster Linie auf Markennamen zu konzentrieren. Zu oft ist er mit der Kompromissbereitschaft großer Konzerne zugunsten des eigenen Gewinns konfrontiert worden. „Du kannst es hören, wenn ein Instrument dich inspiriert, und du fühlst, wenn du auf einem Instrument zuhause bist“, beschreibt er schön. „Wenn die Zeit dann gekommen ist, tauschst du das Instrument eben durch ein anderes aus, das dich mehr inspiriert. Aber auch ein schönes Design kann die Lust zum Üben entscheidend beflügeln“, beschreibt er, während ich ein Funkeln in seinen Augen sehen kann.

Seit zwei Jahren planen wir, dass Ren mir mein Trauminstrument baut, und es sieht so aus, als würde es sehr bald fertig werden. Einerseits ehrt mich das sehr, andererseits konnte ich auch beobachten, worauf ein Meister des Gitarrenbaus alles achtet, wenn er ein Instrument plant. Zunächst hat er mir beim Spielen zugeschaut und wir haben dann auch meine derzeitige Gitarre, eine Launhardt El Paso aus Cocobolo mit Sitkafichtendecke, sowie meine alte Lakewood D14 mit Zederndecke, hin- und hergereicht, gespielt und gesungen. Dabei hat er mir zudem unschlagbare Tips zur Besaitung und Einstellung gegeben, die meine Instrumente extrem aufgewertet haben. Zuerst haben wir dann die passende Bauform herausgefunden, bei mir eine 000 mit Halsansatz am 12. Bund. Das ist eine mittelgroße Korpusform, die durch den Halsansatz am 12. Bund den Steg direkt am „Sweetspot“ der Decke sitzen hat und dadurch sehr transparent und voll und klingt, ohne wummernde Bässe zu produzieren. Für mich passte das, weil ich leidenschaftlich gerne Fingerstylegitarre aber im Worship natürlich auch Strumming spiele. Dann kamen wir zu den Hölzern, die nicht nur von der Baumart, sondern auch wegen der Schwingungseigenschaften durch die Maserung und den individuellen Klangeigenschaften Welten auseinander liegen können. Bei mir wird es definitiv eine umwerfende Scheibe Wallnussholz und vermutlich eine Adirondack Fichtendecke aus meinem Geburtsjahr werden. Ich vertraue da natürlich auf die Hände des Meisters, durfte aber sogar bestimmte Holzscheiben auswählen. Wir diskutierten alles von der Halsbreite bis hin zu den Mechaniken und dem Material der Stegpins. Außerdem durfte ich Wünsche für die Verzierung äußern – und dabei reden wir von echter Kunst. Am Ende will Ren mir aber doch drei Instrumente bauen, von denen ich mir eines zum Kauf aussuchen darf.

Du siehst vielleicht schon an diesen kurzen Auszügen, wie komplex es sein kann, die richtige Gitarre zu planen oder finden. Es lohnt sich, nicht die erstbeste Gitarre zu nehmen, eingehende Beratung einzuholen und sich mit anderen Musikern auszutauschen. Nur weil ein Intrument für eine Person, die ich bewundere passt, muss ich sie aber nicht auch mögen. Deshalb hier noch ein paar konkrete Tips zur Auswahl:

Probiere verschiedene Bauformen in ähnlicher Qualität aus: Dreadnought, Grand Concert, Auditorium, Jumbo, 0, 00, 000 usw.

Lege dein Budget fest – beachte: Qualität hat ihren Preis und lieber eine gute Gitarre als drei unbefriedigende Modelle.

Wähle ein Instrument aus massiven Tonhölzern (besonders die Decke), weil Sperrholz einfach nicht schwingen will.

Kaufe niemals, ohne das Instrument vorher selbst zu spielen – baugleiche Gitarren können durchaus verschieden klingen, und nicht jeder Hals fühlt sich gleich gut an.

Schaue dir Instrumente von heimischen Herstellern im Vergleich zu den großen Marken oder auch preiswerteren Alternativen an. (Andreas Cuntz, Joe Striebel, Markus Quenzel, Lakewood Guitars oder Christian Stoll sind Beispiele für gute deutsche Hersteller)

Wenn du mit einer Band spielst, spare nicht am Tonabnehmer. (L.R. Baggs, Schatten Design, K&K oder Fishman wären Beistpiele für gute Hersteller)

Lass dir von einem geübten Spieler vorspielen.

Natürlich haben wir das Thema jetzt nur angerissen. Gerne bin ich für Rückfragen oder Anregungen offen. David ließ einst spezielle Instrumente für die Priester herstellen. Wir wissen, dass er bis tief in die unsichtbare Welt hinein spielen konnte. Unterschätze nicht den Klang eines Instruments in der Anbetung. Ich wünsche dir Glücksgefühle und neue geistlich-akustische Inspirationen mit deiner Akustikgitarre!

Hier findest du ein kurzes Video zur Veranschaulichung unterschiedlicher Bauformen anhand von 3 Modellen der Firma Martin Guitars: